11. September 2010

Kurzkritik: Inland Empire

Anstrengend arthousemäßig: Ja 
So schlimm wie erwartet oder prophezeit: Nein
In vielerlei Hinsicht liefert Lynch mit "Inland Empire" genau das, was viele von "Inception" erwartet hätten, und bei Nolan an der falschen Adresse waren: "Inland Empire" ist ein (Alb-)Traum von Film; eine wirre Fieberphantasie, die nicht durch ein normales Raum-Zeitgefüge, sondern maximal durch die eigene Fantasie begrenzt wird. Nichts muss, alles kann.
Natürlich kann man sich davon ausgehend an einer Vielzahl von (pseudo-)philosophischen Interpretationen versuchen, aber seine maximale Wirkkraft wird er nur behalten, wenn man ihn als das undurchdringbare und unbequeme Mysterium wahrnimmt, dass er ist. Ob der arthouse-abstinente Kinogänger damit nun wirklich besser klargekommen wäre, als mit Nolans Glasfassaden-Welt; es darf bezweifelt werden.

Trotz dieser interessanten Ausgangsposition ist "Inland Empire" in erster Linie Lynchs filmische und egomanische Allmachtsphantasie; ein Rumspielen an den Knöpfen bis sie übersteuern und es beim Zuschauer schmerzt.
Die zerfahrene, aber immernoch vorhandene Stringenz von "Mulholland Drive" und "Lost Highway" kommt hier abhanden, und damit auch das letzte Stückchen Handlungsfaden, an das man sich klammern könnte. Dies macht "Inland Empire" oft zu einer anstrengenden, zeitweise auch langweiligen Veranstaltung, zu der man nur schwerlich einen zufriedenstellenden Zugang finden kann.
Es ist einzig Lynchs Talent für die gute Inszenierung der story-in-story-Abschnitte, den schicken Bilder und Laura Dern zu verdanken, die den Zuschauer dazu bewegen, die einzelnen "Episoden" oder Bruchstücke mit Interesse zu verfolgen und nicht das Handtuch in den Ring - oder die DVD aus dem Fenster - zu werfen (und an genau diesem Punkt liegt auch der Unterschied zu Kubricks Weltraum-Langeweiler "2001"...).

"Inland Empire" mag das Konzept der Verwirrung aus dem grandiosen "Mulholland Drive" und dem sehr sehr guten "Lost Highway" auf die Spitze treiben, die ganz große Begeisterung, die ich bei den beiden Vorgängern hatte, will sich aber nicht einstellen.
David Lynch hat einen Albtraum erschaffen, nun muss er auch damit leben, dass man seinen Film wie einen solchen behandelt - man begegnet ihm in der Hoffnung, ihn in nächster Zeit nicht noch einmal erleben zu müssen.

7 / 10

2 Kommentare:

  1. Tatsächlich! DIE Besprechung hättest du aber in deinem Kommentar bei mir ruhig verlinken können. Sie fasziniert und verlockt zugleich.

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  2. Dankeschön. Ach, ich halte mich immer zurück mit der Verlinkung von älteren Texten, denn obwohl ich inhaltlich noch hinter fast allem stehe, würde mein Fazit heute anders ausfallen: Ich habe INLAND seinerzeit Unrecht damit getan, ihn hinter LH und MD einzuordnen :)

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