24. September 2010

Kritik: James Bond - Casino Royale


Es gibt ja einige Fakten, die nahelegen, dass das "James Bond"-Franchise erheblich unter dem Fall des Eisernen Vorhangs gelitten hat. Obgleich ich Brosnan als 007 mochte, zeichnete sich doch auch schon hier das ab, was den beiden Reboot-Filmen das Genick bricht: Dem Geheimagenten seiner Majestät gehen die Gegner aus. Die Irrenanstalt für Superreiche hat ihre Pforten verriegelt; die typische Cold-War-Paranoia, auf der die meisten 007-Abenteuer der früheren Dekaden basierten, ist lange passé und konnte trotz der unterhaltsamen Klischeelawine bezüglich Nordkoreas in "Die Another Day" nicht ohne Abnutzungserscheinungen wieder vollständig recycelt werden.

"Casino Royale" hat nun die vermeintlichen Fehler der Vorgänger erkannt, und versucht die Uhren auf Null zu setzen: James Bond anno 2006 ist kein smarter Über-Agent mehr, sondern einer der auch mal bedröppelt aus der Wäsche gucken darf, und seine Angebetete nach der passenden Krawatte zum Smoking fragt. Umso kurioser ist es allerdings, dass der neue James trotz Beamter-in-der-Midlifecrisis-Attitüde bisweilen unliebsame Anhängsel unnötig brutal gen Jordan befördern darf.
Und wo der Held ein Waschlappen ist, da darf man ihm auch keine charismatischen Gegner vorsetzen - deshalb gibts auch nur einen grießgrämig daherschauenden Börsenzocker, dessen Name - Le Chiffre - noch das spannendste am ganzen Kerl ist, und statt den mörderischen Fights auf Raketenbasen oder Südseeinseln von damals gibts eben nur 'ne Runde Poker in Monaco.

Ja, auch der neue 007-Kosmos ist in sich geschlossen und verfolgt ein stringentes Konzept - bei diesem Punkt kann man schwerlich Kritik üben. Ich sehe auch darüber hinweg, dass Daniel Craig - den ich in anderen Sachen ganz gut leiden kann - nach wie vor mehr von einem ukrainischen Preisboxer als von einem smarten Geheimdienstler hat, schließlich ist man ja liberal und weltoffen.
Der wirkliche Vorwurf, der mir den Spaß an den beiden letzten Bond-Filmen nimmt, ist die Gesamtkonzeption: Die Tatsache, dass sie aus der Marke "James Bond" zum ersten Mal ein herumhüpfendes Etwas mit pseudoemotionalen Unterbau gemacht haben. "Casino Royale" ist in jeder Hinsicht ein Zugeständnis an den jetzigen Zeitgeist - und wird mit eben diesem in ein paar Jahren wieder verschwunden sein. Und das nicht so sehr wegen der inhaltlichen Komponente - diese funktioniert bei den alten Filmen auch heute noch passabel - sondern wegen seiner Anbiederung in puncto Optik und Machart.

Vielleicht ist die Bond-Reihe ein Überbleibsel aus Zeiten des Kalten Krieges gewesen, vielleicht (wenn nicht sogar ziemlich sicher) war sie ein Panoptikum aus klischeebeladenen Abziehbildchen, vielleicht funktionieren manche Figuren aber als schwarz-weiß-denkende Ikonen auch einfach besser als als ambivalente Persönlichkeiten. Bond und Bodenständigkeit - das sind zwei Dinge, die nur schwerlich zusammenpassen.

Denn für was steht die Reihe nun? Eine difuse Mischung aus Jason Bourne und Jack Bauer, die die eigenen Ursprünge verleugnet und sich nach intellektueller Anerkennung sehnt, in Wirklichkeit jedoch austauschbarer und langweiliger nicht sein könnte.

Mission failed, Mister Bond.

 4 / 10

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