20. Januar 2011

Kritik: Hellraiser I

I do anything you want. Anything.“ -

Eines der wenigen Genrewerke, das fernab der in Würde gealterten Oberfläche bis heute nichts von seinem Reiz verloren hat.
Dabei standen die Vorzeichen nicht immer gut für HELLRAISER, die Tatsache, dass es sich Barker trotz seiner nur geringen Erfahrung auf dem Regiestuhl nicht nehmen lies, seinen eigenen Roman zu verfilmen, dürfte nicht nur bei Fans von „The Hellbound Heart“ für einige Bedenken gesorgt haben.

Allen Unkenrufen und Befürchtungen zum Trotz: Barker hielt sein Versprechen, und machte es tatsächlich besser, als all die anderen Regisseure, die vor- und nachher mit Stoffen aus seiner Feder betraut waren: Nur äußerst knapp budgetiert, hat HELLRAISER zu keiner Zeit die Möglichkeit, seine Metaebenen durch allzu viele visuelle Spielereien zu übertünchen; es ist ein Film, der gerade aus der räumlichen Begrenzung einen Großteil seiner Stimmung zieht.
Inhaltlich verkehrt Clive Barker innerhalb seines klassischen Haunted-House-Gerüsts dessen Vorzeichen, lässt die Familienstrukturen im Angesicht des Schreckens erodieren, sieht in deren Verdrängungsstrategien gar den Hort allen Übels.

Die Stärken von HELLRAISER liegen deshalb auch gar nicht so sehr in der Kreation einer mystischen Parallelwelt, sondern vielmehr darin, dass er den Gedanken der mephistophelischen Versuchung materialisiert und in seinen eigenen Kosmos transformiert: Die Cenobites sind Versuchung und Verdammnis zugleich, die Beschwörung von ihnen der eskapistische Wunsch in seiner pervertiertesten Form.
Es erscheint deshalb nur folgerichtig, dass Barker die atmosphärische und optische Nähe zur SM-Szene sucht; ist der von ihm gezeichnete Weg zur eigenen Persönlichkeit durch Blutzoll, den alle seine Protagonisten auf ihre Art und Weise entrichten, doch nur die Überzeichnung der  sexuellen Faszination, die der Dualität aus Zwang und Lust, Dominanz und devoten Gestus, entspringt.
Es mutet verschmitzt an, dass der Horrorveteran diese Lesart mit etlichen Parallelen zu einer christlich-religiösen Erlösungsvorstellung anreichert, und seinen Film tatsächlich auch als Rückgriff auf die Bibel funktionieren lässt.

HELLRAISER geizt dabei nicht mit expliziten Szenen, seine (wenigen) Gewaltmomente, sind gerade weil sie auf tiefer Verzweiflung fußen und deshalb deutlich weniger ironisch stilisiert werden, als in vergleichbaren Werken der Dekade, von nicht zu unterschätzender Intensität. Barker setzt damit in vielerlei Hinsicht den dunklen und stählernen Kontrapunkt zum zwischenzeitlich amokgelaufenen NIGHTMARE-Franchise.

Wem durch diese Brutalitäten nicht der Zugang zum Film verstellt wird, der bekommt mit HELLRAISER tatsächlich auch heute noch eine Albtraumvision geboten, deren vielschichtiger Subtext weit über die Grenzen des eigenen Genres hinausreichen dürfte.

8 / 10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen