15. Januar 2011

Kritik: Shock Treatment

Bitchin' in the kitchen or crying in the bedroom all night“ -

Über fünf Jahre und und diverse Produktionsschwierigkeiten galt es zu überstehen, bevor das Duo Sharman und O'Brien ihre ebenso kontroverse, wie visionär-geniale ROCKY HORROR PICTURE SHOW fortsetzen konnten, und mit SHOCK TREATMENT ein im Vorfeld heiß diskutiertes, in der Endabrechnung aber finanziell geflopptes und mittlerweile nahezu in Vergessenheit geratenes Musical abliefern konnten.

SHOCK TREATMENT greift zwar lose das Schicksal des Ehepärchens Brad und Janet aus dem Vorgänger auf, wer allerdings mehr als eine gewisse formale Nähe zwischen den beiden Werke zu finden versucht, wird möglicherweise enttäuscht sein: Mit der Abstinenz von Tim Curry als bestrapster Frank N. Furter und der (notwendig gewordenen) Umbesetzung der beiden Hauptrollen, fehlen drei der bekanntesten Zugpferde - eine Tatsache, die die Freude am Wiedersehen mit den vielen altbekannten Gesichtern etwas schmälert.

Auf der anderen Seite vermeidet Sharman so zumindest den direkten Vergleich; etwas, was SHOCK TREATMENT sichtbar gut tut: Obwohl bereits angesprochene Themen, wie  etwa die  nun auf die Spitze getriebene Emanzipation der Janet-Figur gegenüber ihrem Ehemann,  in das neue Szenario implementiert wurden, und nicht nur die schwarzen Dessous verschmitzt auf die ihr verloren gegangene Unschuld verweisen: Anders als ROCKY HORROR sieht und findet die Fortsetzung ihr Potential weniger in der Hinterfragung einer zeitgenössischen Sexualmoral oder im frivolen Tabubruch, sondern eher in der (harmlosen) satirischen Medienschelte.

Wenn Sharman und O'Brien in ihrem Drehbuch den Mechanismus hinter einer immer ikonenlastiger werdenden Fernsehlandschaft plastisch als Mixtur aus Starlet-Gehirnwäsche und bewusst angefachten Publikumshype beschreiben, oder die Parallele zwischen der (All)macht des Produzenten im Hintergrund einer Show mit den faschistoiden Methoden eines Autoritätsstaats gleichsetzen, dann ist das zwar möglicherweise seiner Zeit voraus (und in Hinblick auf die spätere Gameshow-Moderation von O'Brien auch irgendwie ironisch) gewesen, aber in seiner Attitüde und der Wahl der Mittel leider auch deutlich weniger subtil und subversiv, als man es von ihrem ersten Grusical gewohnt war.

Sieht man von diesem kleinen Wermutstropfen ab, bekommt man mit SHOCK TREATMENT immer noch größtenteils witzig-spritzige Songs und einen gut aufgelegten Cast geliefert: Es ist  auch heutzutage noch ein überdurchschnittliches, und in seiner Eigenartigkeit auch nahezu einmaliges Genrewerk, das seinen Vorgänger zwar niemals übertreffen kann, ihn aber auch keinesfalls in Verruf bringt. Geheimtipp!

7.5 / 10

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen