10. Oktober 2010

Kritik: Dogma


Ein weiterer hieb- und stichfester Beweis dafür, dass es Kevin Smith wie kein Zweiter versteht, an gutem Geschmack und vorallem an meinem persönlichen Humorzentrum gezielt vorbei zu navigieren.
"Dogma" genießt landauf-landab den Ruf einer gelungenen Satire, einer grotesken Abrechnung mit Glauben, Moral und der kirchlichen Definition von beiden. Während der zweistündigen Selbstkasteiung, sowie innerhalb der Zeit, die seitdem vergangen ist, frage ich mich stetig: Wo soll sie sein, die Satire? Ist sie versteckt in den nonexistente Engelsgenitalien? Verbirgt sie sich hinter den zwei eklig-peinlichen Nerdvisagen? Ist sie in der Metaebene der ganzen schlimmen und total-trendy-gewagten Schimpftiraden verborgen? Klemmt sie im Lauf der Desert Eagle des gefallenen Engel fest, und wartet auf den nächsten Headshot?

Die Liste an filmischen Schmutz liese sich weiter fortführen, einzig es fehlt mir die Muse dazu, es zu tun. "Dogma" ist in vielerlei Hinsicht die konsequente Weiterentwicklung dessen, was mit "Clerks" seinen unheilvollen Anfang nahm: Ein nervtötender Reigen aus Zoten und platten Popkulturverweisen, legitimiert unter dem Deckmantel des dehnbaren Begriffs der Satire. Außerdem: Hey, es geht gegen die Kirche - da braucht es ja nicht viel um für selbstgerechtes Schenkelklopfen zu sorgen.
Smith will in "Dogma" keine Missstände kritisieren, letztendlich will er seinen Zuschauern überhaupt nichts sagen - sein Thema ist wie die Mehrzahl seiner Pointen Kalkül, keine Profession. Er zelebriert uralte Klischees, er erfreut sich an jedem vermeintlichen Tabubruch, ganz gleich wie nutzlos und irrelevant er auch sein mag. Dabei ist "Dogma" selten schonungslos, dafür umso öfter einfach niveau- und witzlos.

Fast möchte man Smith und seinem Cast dafür danken, dass sie bei der Kritik keine Zugeständnisse zulassen, sondern den inadäquaten inhaltlichen Unzulänglichkeiten auch noch einen gehörigen Batzen an handwerklichem Unvermögen beimischen: Sämtliche Spezialeffekte (mit denen der Film trotz offensichtlicher Defizite nicht geizt) sind grottig; unter den Darstellern weiß einzig Rickman mit seiner sichtlich gelangweilten Darstellung der göttlichen Gegensprechanlage Metatron halbwegs zu überzeugen. Der Rest schlafwandelt durch das smith´sche Paralleluniversum und manövriert sich von einem Drehbuchloch ins nächste.

Das Schlimme an "Dogma" ist in letzter Konsequenz, dass er die meisten Cineasten mehr aufregen dürfte, als etwaige Glaubensfanatiker. Smith' Film spaltet sein Auditorium - anders als die Pythons - nicht wegen verletzer Glaubensüberzeugungen oder Moralvorstellungen, sondern mit der Frage, ob man bereit ist, sich pubertäre Plattpointen als intellektuelle Scheinentthronung verkaufen zu lassen.

"Dogma" wird sein Publikum unter frustrierten Agnostikern und Kirchengegnern, die unreflektiert alles goutieren, was aus der vermeitlich aufgeklärten Ecke kommt, finden, daran besteht kein Zweifel. Aber fernab dieser Zielgruppenstreichelei liefert Smith einen weiteren Nagel zu seinem Sarg ab.

1 / 10

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