19. September 2010

Kritik: Der Pate I

Kein Film - ein Monument!

Lange bevor Peter Jackson fußbehaarte Halblinge durch die Botanik wanken und über Rauchmittel philosophieren ließ, definierte Francis Ford Coppola mit seiner "Godfather"-Saga, was es heißen kann, opulenten und perfektem Erzählkino in mehreren Akten beiwohnen zu dürfen.

Und ohne diesen konstruierten Vergleich überbeanspruchen zu wollen, oder das Ergebnis dieser Kritik nach vorne zu verlegen: In der Quintessenz ist die Leistung von Coppola höher zu honorieren, als die von Jackson, denn ersterer hat es geschafft, aus einem guten, aber zugegegebenermaßen auch etwas groschenheftartigen Mafia-Roman, ein tiefgehendes und ambivalentes Familienportrait zu kreieren.
Ich spreche im ersten Absatz bewusst im Plural, denn obgleich "Godfather I" jener Teil der Trilogie mit der wahrscheinlich höchsten popkulturellen Präsenz und Relevanz ist, so ergibt er doch erst mit den beiden Nachfolgern zusammen das wirkliche Magnum Opus aus der coppola´schen Manufaktur.

Dem beizeiten - vorallem von jüngeren Semestern - gemachten Vorwurf der Langatmigkeit, oder sogar der Langeweile kann sich nur der anschließen, der den "Godfather" aus einer falschen Erwartungshaltung heraus betrachtet: Die Klassifizierung als Mafia-Film (und dem oftmals damit einhergehenden Wunsch nach Dauerspannung und Schießereien) ist - obwohl jene Bezeichnung der cosa nostra im Film nie gebraucht wird - so richtig, wie sie falsch ist. Letztendlich ist es das Anliegen des Regisseurs, eine Familientragödie mit verbrecherischem Hintergrung zu erzählen, und nicht eine Verbrechertragödie vor familiärem Hintergrund.

So bietet "Godfather I" mit Michaels Attentat und Sonnys Ermordung zwar zwei stilistisch hervorragende Action- oder besser Spannungssequenzen, vollständig zufrieden wird man mit der Geschichte um die Corleones jedoch nur sein, wenn man bereit ist, sich auf die Melancholie der mäandernden Erzählung einzulassen.

All dies klingt nun auf dem Papier nach der Heroisierung eines Klassikers und somit für manch einen wesentlich abschreckender, als es schlussendlich ist - denn das Spiel von Brando, Pacino und nicht zuletzt auch vom oftmals vergessenen Duvall als Tom Hagen ist eine schauspielerische Augenweide, an die die wenigsten aus dem Cast später noch anknüpfen konnten, und die dem Zuschauer die garnicht so kurzen 175 Minuten erstaunlich kurzweilig erscheinen lassen.

Einem anderen Streitpunkt - die subversive Glorifizierung des organisierten Verbrechens -, welche ebenfalls aus Brandos ambivalenten Spiel resultieren dürfte, muss man hinsichtlich des ersten Teiles eine gewisse Berechtigung zugestehen, auf der anderen Seite ist er doch aus der Luft gegriffen, sofern man dem Ansatz der Familie als Filmmittelpunkt folgt: Auch harte Kerle mit Tommy-Gun im Kofferraum sind eben lieb und nett, wenn sie mit der eigenen Sippe dinieren oder Pasta zubereiten. Zum anderen erfährt der angebliche Mythos spätestens in den beiden darauffolgenden Teilen seine Widerlegung und entgültige Demontage.

Scorsese mag mit seinen Werken näher an der Realität des organisierten Verbrechens gewesen sein, aber die schöneren Bilder und besseren Filme gehen auf das Konto Coppolas.
Er hat mit seinem "Godfather" dem Zuschauer ein Angebot vorgelegt, dass er nicht ablehen kann.

10 / 10

1 Kommentar:

  1. @Hitmanski: gute Rezi, etwas anderes würde dem Paten auch nicht gerecht werden! ;)

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