15. September 2010

Kritik: 39,90


Es gibt kleine und feine Independent-Filme, denen man von Herzen wünscht, sie mögen es schaffen, wenigstens ein paar Wochen unbeschadet an den Kinokassen zu bestehen - auch wenn man es angesichts einer kulturpessimistischen Prognose bezüglich unserer Landsleute nicht so recht glauben mag. Und dann gibt es diese anderen Auswürfe des europäischen Arthouse-Kinos: Nervende, auf intelligent getrimmte Häufchen Zelluloid, die zumeist nicht mehr Tiefgang und Anspruch als eine Fünf-Minuten-Terrine besitzen, sich aber selbstbewusst - oder besser selbstgerecht - als die Haute Cuisine des Films begreifen.

"39,90" gehört in die zweite Schublade, und ich wünsche diesem Werk sehnlichst, dass es mit einer zweistelligen Auflage in einem kleinen ranzigen Programmkino mit DVD-Theke verstaubt und vielleicht alle drei Monate mal von einem bebrillten Filmstudenten mit Jean-Paul-Sartre-Gedächtnisrollkragenpullover und politischen Selbstfindungsproblemen mitgenommen wird.
Aber zum Film: "39,90" soll eine frech bebilderte Reise durch den Alltag und die Sinnkrise eines jungen Erfolgsmenschen in der Werbe- und Marketingbranche sein - zumindest hat das der Filmkritiker der "Brigitte" auf dem Vidotheken-Aufkleber der DVD-Schachtel verlauten lassen.

Irgendwie stimmt das inhaltlich sogar in seinen Ansätzen, auch wenn ich es eher als hassenswertes Konglomerat aus abgenudelten Klischees, grässlich-überladenen Bildmontagen, einem vergessenswerten Männchen als Hauptdarsteller und aufgezwungenem politisch-gesellschaftskritischen Subtext wahrgenommen habe.
Wir lernen: Wer in der Werbung ist, hat einen gläsernen Schreibtisch, eine eckige Brille, einen Mac, oberflächliche Freundschaften - und leider nicht mehr alle Tassen im Schrank. Für weiterhin sehr erwähnenswert hält Kounen die Tatsache, dass Medien und Großkonzerne sowieso irgendwie böse sind und alle unter einer Decke stecken. Wenn das mal keine neue Erkenntnis für das Medium Film ist...

Nichts an den Thesen in "39,90" ist zwingend, noch nicht einmal ansatzweise provozierend - also gibt es ab und an mal ein paar surreale Szenen ohne inhaltliche Verankerung in der sowieso ziemlich zerfahrenen Geschichte (die Begegnung mit einem Fötus) oder ein paar lustige Witzchen Marke "Ich kotze auf die nackte Frau" oder "Ejakulieren auf ein Pudel-Foto". Schon okay...
Ein weiterer Schlag in Magengrube des Zuschauers ist dann das Ende - oder besser gesagt das "Nicht-Ende", denn sobald die Hoffnung in einem aufkeimt, dieser französische Käse wäre endlich vorbei, gibt es nochmal einen alternativen Handlungsablauf mit extra Ende. Das klingt für den Leser wirr und unnötig - und ähnliche Gedanken gehem dem Zuschauer dabei durch den Kopf.
Schlussendlich bleibt die marginale Hoffnung bestehen, dass der zugrunde liegende Roman besser und mit seiner Medienschelte damals auf der Höhe der Zeit war - der Film ist es jedenfalls nicht.

2 / 10

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