29. Mai 2011

Shorties: Peeping Tom

"Take me to your cinema." -

Filme über das Kino gab und gibt es viele, und doch erreichten bislang nur wenige von ihnen die Faszination, die Michael Powells morbide Meditation über das eigene Medium zu Beginn der 1960er Jahre verströmte. Von Publikum und zeitgenössischer Kritik seinerzeit gleichermaßen ignoriert bzw. als Schundfilmchen getadelt, sollten knapp zwanzig Jahre vergehen, bis PEEPING TOM auf Initiative einer neuen Generation von Regisseuren wiederentdeckt und Powells Karriere nachträglich rehabilitiert werden konnte. 

Aus dem Schatten von Hitchcocks PSYCHO konnte sich das Werk des englischen Regisseurs in der öffentlichen Wahrnehmung bis heute nie wirklich lösen, und doch wird das Herunterbrechen auf ähnliche Motivkonstanten seinem Film zu keiner Zeit gerecht: Spitzt PEEPING TOM mit seiner täterfokusierten Erzählperspektive zwar einerseits das Konzept des empathiefähigen Mörders aus Fritz Langs „M“ bis zur endgültigen Konsequenz zu, und greift mit seinem Fetischdiskurs sowohl VERTIGO auf, als auch Norman Bates vorweg, erzählt Powell im Hintergrund noch etwas ganz anderes: Sein Peeping Tom ist nicht nur Auswuchs und Spiegelbild einer in ihrer Doppelmoral gefangenen Gesellschaft, sondern -und hier verlässt der Film sein angestammtes Genre- auch alter Ego von Filmpublikum und -macher gleichermaßen. Wenn Karlheinz Boehm (selbstredend herausragend!) seine Verbrechen erst kunstvoll inszenieren und anschließend goutieren darf, ist die Brücke zwischen Leinwand-Voyeurismus und dem Antrieb eines Regisseurs, eben jenen in Perfektion zu bedienen, auf ebenso logische, wie auch eindrückliche Weise geschlagen.

Powells Bekenntnis zur verlockenden Macht der Bilder sucht dabei bis heute seinesgleichen, seine Perspektiven und Themen sollten -bis hin zu Carpenter- zur Blaupause eines gesamten Genres avancieren. Scorsese nannte PEEPING TOM einst das dunkle Pendant zu Fellinis Meisterwerk „8 1/2“ - und wer sollte ihm da widersprechen wollen?!

9.5 / 10

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