24. Januar 2012

Kurzkritik: Ziemlich beste Freunde

Ganz Europa ist von Hollywood besetzt. Ganz Europa? Nein! Ein von unbeugsamen Franzosen bevölkertes Land hört nicht auf, Hollywood Widerstand zu leisten. Und so weiter, und so fort. 
 
Den Tod der europäischen Filmkomödie herbei zuschreiben, gehört zum guten Ton hiesiger Feuilletons, ebenso wie im Jahrestakt wenn schon nicht ihre Auferstehung, so doch wenigstens ein etwaiges Lebenszeichen zu preisen. Wo der skandinavische Film samt seiner nicht selten lakonisch-trockenen Art noch hauptsächlich in Liebhaberkreisen stattfand, mauserte sich Deutschlands großer Nachbar im Westen in Sachen Kino still und heimlich zum Kritiker- und (!) Publikumsliebling. Nach Dany Boons WILLKOMMEN BEI DEN SCH‘TIS folgt mit ZIEMLICH BESTE FREUNDE nun ein also weiterer potentieller Erfolgskandidat – Frankreich ist en vogue. Und in der Tat eint die oben genannten Filme mehr als nur ihr Produktionsland, versuchen sich doch beide Beispiele daran, ernste Themen in vermeintlich locker-leichter Art für ein großes Publikum konsumierbar zu machen – mit relativen Erfolg: Auch die Geschichte vom Krankenpfleger wider Willen geriert sich geschickt als crowd-pleaser, der recht genau weiß, wann er welche Knöpfe zu drücken hat.

Die Versuche, sich dem Thema „Behinderung“ auf beschwingte Weise zu nähern, sind mannigfaltig, von RAIN MAN bis hin zu WO IST FRED?, und letztlich kann man auch ZIEMLICH BESTE FREUNDE in diese Reihe eingliedern, ohne ihn jedoch besonders positiv oder negativ hervorheben zu müssen. In seinen besseren Momenten lässt sich jenes Treiben tatsächlich unangestrengt verfolgen, in seinen schlechteren springt einem die Formelhaftigkeit des Drehbuchs ungalant ins Gesicht, letztlich aber, und das ist mehr als nur enttäuschend, hat der Film zu seinem Thema überhaupt nichts Essentielles zu erzählen: Das erprobte Spiel auf der Klaviatur der Gegensätze (Arm gegen Reich; Ghetto-Sozialisation gegen Großbürgertum) wird hier in ein anderes Umfeld verlegt, mehr als einige Lacher und wenige Möchtegern-Zynismen, die ihren Weg auf Zelluloid wohl hauptsächlich deshalb gefunden haben, um dem geneigten Bildungsbürger ab und an ein „Gewagt!“ zu entlocken, haben Nakache und Tolendano nicht zu bieten. Was bleibt, ist der fade Nachgeschmack, dass sich die beiden an ihrem Thema mehr als nur verhoben haben.

Befremdlich zudem, dass ZIEMLICH BESTE FREUNDE in erster Linie zwar allem Schabernack zum Trotz, politisch korrekt als universelles Plädoyer gegen Vorurteile und für die Freundschaft entgegen aller Hindernisse verstanden werden möchte, sich gleichzeitig aber -wie Rüdiger Suchsland in seinem Text zum Film bereits schön dargelegt hat- nicht vom langbärtigen Klischee des unkultivierten Schwarzen lossagen möchte, der vom weißen Mann erst an Chopin und Dalí herangeführt werden muss. Durchwachsen.

4 / 10 
erschienen: Mehrfilm

1 Kommentar:

  1. Meine Meinung zum Film ist positiver.
    Guckt man sich den Film an, ohne die "Es ist total unwahrscheinlich und trifft die Klischees - Analyse" und lässt sich einfach nur auf den Film ein, dann bleibt ein durchweg gutes Gefühl beim Zuschauer.
    Und ich finde das haben die sehr gut hin bekommen.

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