Ganz Europa ist von Hollywood besetzt.
Ganz Europa? Nein! Ein von unbeugsamen Franzosen bevölkertes Land hört
nicht auf, Hollywood Widerstand zu leisten. Und so weiter, und so fort.
Den Tod der europäischen Filmkomödie herbei zuschreiben, gehört zum
guten Ton hiesiger Feuilletons, ebenso wie im Jahrestakt wenn schon
nicht ihre Auferstehung, so doch wenigstens ein etwaiges Lebenszeichen
zu preisen. Wo der skandinavische Film samt seiner nicht selten
lakonisch-trockenen Art noch hauptsächlich in Liebhaberkreisen
stattfand, mauserte sich Deutschlands großer Nachbar im Westen in Sachen
Kino still und heimlich zum Kritiker- und (!) Publikumsliebling. Nach
Dany Boons WILLKOMMEN BEI DEN SCH‘TIS folgt mit ZIEMLICH BESTE FREUNDE
nun ein also weiterer potentieller Erfolgskandidat – Frankreich ist en
vogue. Und in der Tat eint die oben genannten Filme mehr als nur ihr
Produktionsland, versuchen sich doch beide Beispiele daran, ernste
Themen in vermeintlich locker-leichter Art für ein großes Publikum
konsumierbar zu machen – mit relativen Erfolg: Auch die Geschichte vom
Krankenpfleger wider Willen geriert sich geschickt als crowd-pleaser,
der recht genau weiß, wann er welche Knöpfe zu drücken hat.
Die Versuche, sich dem Thema „Behinderung“ auf beschwingte Weise zu nähern, sind mannigfaltig, von RAIN MAN bis hin zu WO IST FRED?, und letztlich kann man auch ZIEMLICH BESTE FREUNDE
in diese Reihe eingliedern, ohne ihn jedoch besonders positiv oder
negativ hervorheben zu müssen. In seinen besseren Momenten lässt sich
jenes Treiben tatsächlich unangestrengt verfolgen, in seinen
schlechteren springt einem die Formelhaftigkeit des Drehbuchs ungalant
ins Gesicht, letztlich aber, und das ist mehr als nur enttäuschend, hat
der Film zu seinem Thema überhaupt nichts Essentielles zu erzählen: Das
erprobte Spiel auf der Klaviatur der Gegensätze (Arm gegen Reich;
Ghetto-Sozialisation gegen Großbürgertum) wird hier in ein anderes
Umfeld verlegt, mehr als einige Lacher und wenige Möchtegern-Zynismen,
die ihren Weg auf Zelluloid wohl hauptsächlich deshalb gefunden haben,
um dem geneigten Bildungsbürger ab und an ein „Gewagt!“ zu entlocken,
haben Nakache und Tolendano nicht zu bieten. Was bleibt, ist der fade
Nachgeschmack, dass sich die beiden an ihrem Thema mehr als nur verhoben
haben.
Befremdlich zudem, dass ZIEMLICH BESTE FREUNDE in erster
Linie zwar allem Schabernack zum Trotz, politisch korrekt als
universelles Plädoyer gegen Vorurteile und für die Freundschaft entgegen
aller Hindernisse verstanden werden möchte, sich gleichzeitig aber -wie
Rüdiger Suchsland in seinem Text
zum Film bereits schön dargelegt hat- nicht vom langbärtigen Klischee
des unkultivierten Schwarzen lossagen möchte, der vom weißen Mann erst
an Chopin und Dalí herangeführt werden muss. Durchwachsen.
4 / 10
erschienen: Mehrfilm
Meine Meinung zum Film ist positiver.
AntwortenLöschenGuckt man sich den Film an, ohne die "Es ist total unwahrscheinlich und trifft die Klischees - Analyse" und lässt sich einfach nur auf den Film ein, dann bleibt ein durchweg gutes Gefühl beim Zuschauer.
Und ich finde das haben die sehr gut hin bekommen.