15. Dezember 2010

Kritik: Batman Begins

„Legend, Mr. Wayne“ -

Es ist ein bemühter Auftakt, den Christopher Nolan den vor sich dahindarbenden Fans der Nachtkreatur aus dem Hause DC mit „Batman Begins“ nach fast zehn Jahren Abstinenz serviert:

Mit einer ebenso infantilen, wie doch notwendigen Trotzreaktion auf die grellen Camp-Spekatkel aus dem Hause Schumacher, eröffnet der dritte Regisseur innerhalb der Fledermaus-Reihe, seine Adaption des Comicstoffes: Sein Bruce Wayne muss noch während des Intros durch den Schlamm robben, und sich in unwirtlichen Gefängnissen am Ende der Welt herumprügeln.

Es ist ein schwieriges Unterfangen, in welches sich der fünfte Batman-Film dabei an manchen Stellen gerade zu manisch hineinsteigert: Er möchte als modernes und integratives Werk seiner Dekade gelten, peinlichst darum bemüht, jeglichen Bruch mit der Ernsthaftigkeit im Keim zu negieren, um sich als klare Antipode zu den konturlosen, aber selbstironischen Schumacher-Werken zu positionieren, und pendelt in der Frage, wie er dem burton‘schen  Erbe begegnen soll, trotzalledem ziellos umher: So  stark Nolans Faszination für die ausführlichen Charakterisierungen und die Figurenzeichnung in „Batman Returns“ sein mag, so sehr zeigt er sich von der verspielten Ästhetik in Burtons‘ Gotham City abgestoßen.

Sein Ansatz, grundlegenden Charakterfäden aufzugreifen, sie im Rahmen einer neuen Geschichte zu variieren, und in die eigene Inszenierung zu implementieren, ist nun ein ebenso ambitionierter, wie in letzter Konsequenz gescheiterter:

Jene Szenen, die in „Batman“ beiläufig eingeflochten wurden, werden zur Introduktion der Titelfigur ausgebaut, was in Hinblick auf die geplante Trilogie sicherlich notwendig ist, dem Film jedoch einen vergleichsweise zähen Einstieg beschert, den man nach über sechzig Minuten, nicht wirklich zu legitimieren weiß: Nolans Film erzählt viel, und doch wenig, er konstruiert einen banalen Kampf gegen die Schatten der Vergangenheit - erst in Form eines Kindheitstrauma, dann in der Konfrontation mit seinem „Erschaffer“ - als Motivation hinter der Kunstidentität der „Batman“-Figur, und außer dem immerwiederkehrenden Aufgreifen des Furcht-Motivs im weiteren Filmverlauf, weiß er erstaunlich wenig substantiell Neues zu berichten.

Natürlich ist es ein charmanter Script-Einfall, dass die Rahmenhandlung die gleichen moralischen Fragestellungen für den Makrokosmos aufwirft, die auch Bruce Wayne mit sich selbst ausficht, aber es ist nur eine mäßig clevere Vertuschung der Tatsache, dass sich die Handlung mit zunehmender Zeit dem ominösen Masterplan eines Schurken verschreibt, und sowohl narrativ, als auch in der Inszenierung, in ein elendig oft durchdekliniertes Bösewichter-ABC abrutscht. 

So sehr „Batman Begins“ in der ersten Hälfte seinen Finger nach bedeutsamer Größe ausstreckt, und sich sichtlich in all den pathetischen Gesten und theatralischen Dialogen gefällt, so sehr entlarvt er sich beim verzückten Zerlegen ganzer Stadtviertel gegen Ende selbst: Es ist mehr Schein als Sein; den Bruch mit den Konventionen des Actionkinos möchte Nolan zu keiner Zeit so konsequent vollziehen, wie es Burton in „Batman Returns“ tat.

Es sind die Geister, die er rief, die Christopher Nolan das Leben bisweilen schwer machen:
Wer Fantasie gegen Technik ausspielt, und behände versucht, einem klinisch reinen Perfektionismus zu huldigen, der wird sich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob über Dächer hüpfende Panzerwagen und ein Yuppie im Flattermann-Anzug eigentlich überhaupt noch in ein so charakterisiertes Setting passen.
Insgeheim scheint man sich dieses Problems bewusst zu sein, umgeht man allzu überzeichnete, und deshalb inhomogene - Gegenspieler doch einfach damit, dass man sie in die pure Bedeutungslosigkeit degradiert: Scarecrow ist eine Randnotiz und Aufhänger einiger CGI-Sperenzchen, Ra's al Ghul als Antagonist viel zu abstrakt und unpräsent, um als Final-Part glaubwürdig zu funktionieren.

Natürlich wird auch „Batman Begins“ seiner Rolle als Nolan-Blockbuster insofern gerecht, als das sich alles Dargestellte auf technisch durchwegs hohem Niveau bewegt, und vorallem in den Nebenrollen durch ebenso bewährte, wie auch verschenkte Gesichter zu gefallen vermag.
Bales desinteressierte Wayne-Interpretation ist nach Keaton und Kilmer jedoch nahezu unverzeihlich; entwickelt sein Wandel vom komplett underactenden Milliardär in einen grunzenden Rächer doch eine seltsame Eigendynamik, die mitunter die Grenze zur unfreiwilligen Komik überschreitet.

Obwohl die Variablen andere sind, sind es doch die gleichen Punkte mit umgedrehten Vorzeichen, an denen nach Burtons Erstling, nun auch Nolans Startversuch scheitert: „Batman Begins“ fehlt der Wille zur allumfassenden Eigenständigkeit, er ist in seinen Ansätzen und Intentionen zwischen Tiefgang und Popcorn schlicht überladen und inkohärent - auch hier sollte sich der Nachfolger in seinem bedingungslosem Bekenntnis zum Sommerblockbuster, als der bessere Film erweisen.

5.5 / 10

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