„We‘re both preceived as monsters.“ -
Es ist garnicht so sehr die Oberfläche, an der sich festmachen lässt, dass Tim Burton sich in den drei Jahren, die seit der ersten Leinwand-Adaption des Batman-Stoffes vergangen sind, weiterentwickelt hat: Gotham City sieht marginal düsterer aus, und weist nach den „Metropolis“-Reminiszenzen des ersten Teils noch mehr Gemeinsamkeiten mit Scotts Visualisierung eines Molochs aus „Blade Runner“ auf, aber das erscheint nahezu als Makulatur, denn der wirkliche Fortschritt in der Produktion von „Batman Returns“ bestand darin, dass sich sein Erschöpfer nicht nur handwerklich, sondern auch unter wirtschaftlichen Aspekten weiterentwickelt hat: Gestärkt durch den vorangegangenen Erfolg mit „Edward Scissorhands“ war es dem Amerikaner erstmalig möglich, Warner Bedingungen zu stellen, und mit deren Diktat zu brechen - der Regisseur wollte komplette künstlerische Freiheit, und er bekam sie; mit der Konsequenz, dass die Rückkehr des Schwarzen Ritters nicht nur wie ein Burton-Film aussieht, sondern sich tatsächlich auch wie einer anfühlt:
„Batman Returns“ ist komplexer als sein Vorgänger, zu großen Teilen hat er sich weniger den Mechanismen einer Comic-Verfilmung verschrieben, als dass er den Versuch unternimmt, ein filmisches Psychogramm seiner exzentrischen Figuren zu entwerfen:
Fast eine ganze Stunde muss sich das Publikum gedulden, bis Batman seinen ersten längeren Auftritt bekommt; was sonst für ein, so auf seine Zugpferde versteiftes, Genre, wie jenes der Superheldenfilme als nahezu undenkbar erscheint, wird in „Batman Returns“ zu Realität, der man nicht widersprechen möchte: Die maskierte Fledermaus ist das zentrale Stück eines Puzzlewerks, auf das zwar alle anderen Komponenten zu jeder Zeit Bezug nehmen, dessen großer Auftritt tatsächlich allerdings erst im spektakulären Finale kommt.
Denn anders als im direkten Vorgänger verzichtet Burton diesmal auf eine allzu plastische Verbindung seiner Titelfigur und deren Antagonisten: Er widmet vielmehr jedem einzelnen Kontrahenten eine ausführliche Introduktion; deren Sinn sich dem Zuschauer erst nach und nach erschließt, und aus dem sich letztendlich die subtilen Parallenen zwischen Batman, Catwoman, der Pinguin-Figur und Max Shreck herauskristallisieren.
Burton genießt es, die Risse hinter der Fassade einer Gesellschaft freizulegen, und so ist es nur folgerichtig, wenn nahezu jede Figur in Gotham City eine zweite Identität innehat: Sie alle haben sich auf ihre Art mit ihrem Fetisch arrangiert; die Unterschiede zwischen einzelnen Charakteren liegen nur in ihrem Umgang mit den Bürden, die sie zu tragen haben: Catwoman fungiert hierbei als nahezu vollständige Antipode zu Batman; die Kanalisation ihrer Ängste und Triebe führt - anders als bei ihm - zum lasziven Ausleben des Destruktiven; während Shreck als ebenso erfolgreicher, wie auch krimineller Yuppie, als Spiegelbild von Bruce Wayne angelegt ist.
Einzig in der Pinguin-Figur (hervorragend: DeVito) findet sich ein zaghafter Widerhall des Wunsches nach einem zwar leidlich ambivalenten, aber nichtsdestotrotz klar umrissenen Gegenspieler, dessen Verdrängung der Realität nicht wie bei den anderen Figuren psychisch, sondern formvollendet physisch - in Form einer Behausung in den Kanalschächten - stattfindet.
Wenn der Film in ausgewählten Schlüsselszenen Keaton in den Dialog mit Pfeiffer treten lässt, und sie sich bei Spaziergang und Kaminfeuer über die Schlagzeilen ihrer jeweiligen alten Ego austauschen, dann lässt es Burton offen, welche Schlüsse man daraus ziehen kann: Sind die die Capes Fluch oder Segen, zu welchem Zeitpunkt beginnt die Maskerade überhaupt; sind all die nächtlichen Streifzüge egomanische Realitätsverweigerung, oder doch notweniger Umgang mit ihr?
Es sind diese Sequenzen, in denen „Batman Returns“ die Grenzen seines Genres auslotet, und - von vereinzelten Ausnahmen abgesehen - bis heute ungeschlagen in seiner philosophischen Komponente ist.
Fast mutet es größenwahnsinnig an, wenn sich Tim Burton zwischen der breiten Charakterisierung seiner Protagonisten und den - im Vergleich zum Vorgänger noch spärlicher auftauchenden, dafür aber um ein vielfaches dynamischeren - Actionmomenten, auch noch eine verschmitzte Satire über die Mechanismen von Politik und die Macht der Manipulation aufhalst - aber er meistert auch dieses Anliegen problemlos; und es gibt letztendlich keinen größeren Beweis für das Genius des Regisseurs, als das er all jene ersonnenen Einzelstücke zu einem homogenen Ganzen zu formen vermag.
Es scheint eine ironische Randnotiz der Popkultur zu sein, dass den Pinguinbomben aus „Batman Returns“, ein nahezu direktes Zitat in der Verfilmung von Millars „Wanted“-Cartoon widerfahren ist; hält sich doch hartnäckig das Gerücht, dass Burton vor Drehbeginn des ersten Fledermaus-Films, noch nie ein Comic in der Hand hatte.
Und schlussendlich liegt hierin vielleicht auch die Antwort auf die leidige Frage, ob die ersten beiden Verfilmungen des DC-Comics nun mehr Batman- oder doch eher Burton-Filme seien: Es ist Burtons Batman.
Es ist garnicht so sehr die Oberfläche, an der sich festmachen lässt, dass Tim Burton sich in den drei Jahren, die seit der ersten Leinwand-Adaption des Batman-Stoffes vergangen sind, weiterentwickelt hat: Gotham City sieht marginal düsterer aus, und weist nach den „Metropolis“-Reminiszenzen des ersten Teils noch mehr Gemeinsamkeiten mit Scotts Visualisierung eines Molochs aus „Blade Runner“ auf, aber das erscheint nahezu als Makulatur, denn der wirkliche Fortschritt in der Produktion von „Batman Returns“ bestand darin, dass sich sein Erschöpfer nicht nur handwerklich, sondern auch unter wirtschaftlichen Aspekten weiterentwickelt hat: Gestärkt durch den vorangegangenen Erfolg mit „Edward Scissorhands“ war es dem Amerikaner erstmalig möglich, Warner Bedingungen zu stellen, und mit deren Diktat zu brechen - der Regisseur wollte komplette künstlerische Freiheit, und er bekam sie; mit der Konsequenz, dass die Rückkehr des Schwarzen Ritters nicht nur wie ein Burton-Film aussieht, sondern sich tatsächlich auch wie einer anfühlt:
„Batman Returns“ ist komplexer als sein Vorgänger, zu großen Teilen hat er sich weniger den Mechanismen einer Comic-Verfilmung verschrieben, als dass er den Versuch unternimmt, ein filmisches Psychogramm seiner exzentrischen Figuren zu entwerfen:
Fast eine ganze Stunde muss sich das Publikum gedulden, bis Batman seinen ersten längeren Auftritt bekommt; was sonst für ein, so auf seine Zugpferde versteiftes, Genre, wie jenes der Superheldenfilme als nahezu undenkbar erscheint, wird in „Batman Returns“ zu Realität, der man nicht widersprechen möchte: Die maskierte Fledermaus ist das zentrale Stück eines Puzzlewerks, auf das zwar alle anderen Komponenten zu jeder Zeit Bezug nehmen, dessen großer Auftritt tatsächlich allerdings erst im spektakulären Finale kommt.
Denn anders als im direkten Vorgänger verzichtet Burton diesmal auf eine allzu plastische Verbindung seiner Titelfigur und deren Antagonisten: Er widmet vielmehr jedem einzelnen Kontrahenten eine ausführliche Introduktion; deren Sinn sich dem Zuschauer erst nach und nach erschließt, und aus dem sich letztendlich die subtilen Parallenen zwischen Batman, Catwoman, der Pinguin-Figur und Max Shreck herauskristallisieren.
Burton genießt es, die Risse hinter der Fassade einer Gesellschaft freizulegen, und so ist es nur folgerichtig, wenn nahezu jede Figur in Gotham City eine zweite Identität innehat: Sie alle haben sich auf ihre Art mit ihrem Fetisch arrangiert; die Unterschiede zwischen einzelnen Charakteren liegen nur in ihrem Umgang mit den Bürden, die sie zu tragen haben: Catwoman fungiert hierbei als nahezu vollständige Antipode zu Batman; die Kanalisation ihrer Ängste und Triebe führt - anders als bei ihm - zum lasziven Ausleben des Destruktiven; während Shreck als ebenso erfolgreicher, wie auch krimineller Yuppie, als Spiegelbild von Bruce Wayne angelegt ist.
Einzig in der Pinguin-Figur (hervorragend: DeVito) findet sich ein zaghafter Widerhall des Wunsches nach einem zwar leidlich ambivalenten, aber nichtsdestotrotz klar umrissenen Gegenspieler, dessen Verdrängung der Realität nicht wie bei den anderen Figuren psychisch, sondern formvollendet physisch - in Form einer Behausung in den Kanalschächten - stattfindet.
Wenn der Film in ausgewählten Schlüsselszenen Keaton in den Dialog mit Pfeiffer treten lässt, und sie sich bei Spaziergang und Kaminfeuer über die Schlagzeilen ihrer jeweiligen alten Ego austauschen, dann lässt es Burton offen, welche Schlüsse man daraus ziehen kann: Sind die die Capes Fluch oder Segen, zu welchem Zeitpunkt beginnt die Maskerade überhaupt; sind all die nächtlichen Streifzüge egomanische Realitätsverweigerung, oder doch notweniger Umgang mit ihr?
Es sind diese Sequenzen, in denen „Batman Returns“ die Grenzen seines Genres auslotet, und - von vereinzelten Ausnahmen abgesehen - bis heute ungeschlagen in seiner philosophischen Komponente ist.
Fast mutet es größenwahnsinnig an, wenn sich Tim Burton zwischen der breiten Charakterisierung seiner Protagonisten und den - im Vergleich zum Vorgänger noch spärlicher auftauchenden, dafür aber um ein vielfaches dynamischeren - Actionmomenten, auch noch eine verschmitzte Satire über die Mechanismen von Politik und die Macht der Manipulation aufhalst - aber er meistert auch dieses Anliegen problemlos; und es gibt letztendlich keinen größeren Beweis für das Genius des Regisseurs, als das er all jene ersonnenen Einzelstücke zu einem homogenen Ganzen zu formen vermag.
Es scheint eine ironische Randnotiz der Popkultur zu sein, dass den Pinguinbomben aus „Batman Returns“, ein nahezu direktes Zitat in der Verfilmung von Millars „Wanted“-Cartoon widerfahren ist; hält sich doch hartnäckig das Gerücht, dass Burton vor Drehbeginn des ersten Fledermaus-Films, noch nie ein Comic in der Hand hatte.
Und schlussendlich liegt hierin vielleicht auch die Antwort auf die leidige Frage, ob die ersten beiden Verfilmungen des DC-Comics nun mehr Batman- oder doch eher Burton-Filme seien: Es ist Burtons Batman.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen