15. Oktober 2010

Kritik: Piranha 3D

It's not trash - it's crap -

Sollte "Piranha" durch verschachtelte Netzwerke und Cayman-Konten von der Yoga-Industrie für Werbezwecke gesponsert worden sein - es wurde ganze Arbeit geleistet: Denn wer keine absolute Augewogenheit und seelisches Gleichgewicht sein Eigen nennt, der kann Ajas letzten Streich hassen. Abgrundtief hassen.

Es ist wahrlich ein gefährliches Gewässer, in das sich Alexandre Aja mit seinem Fisch-Filmchen begeben hat: Nicht nur, dass Creature-Horror von jeher ein heißes Eisen darstellt, weil die Debilität quasi genreimmanent ist - nein: Er hat sich mit den titelgebenden Allesfressern auch noch ein verhältnismäßig bekanntes Label ausgesucht.
"Piranha" ist nun der Versuch, Hommage, Parodie und Eigenständigkeit unter einen Hut zu bringen, und dem Studio ein Release in der Videotheken-Wühltruhe zwischen "DinoCroc returns" und "Frankenfish XV" zu ersparen. Zumindest aus marktwirschaftlicher Sicht scheint dieses Ziel erfüllt worden zu sein, immerhin blockiert jener Fischabfall nun unsere Kinosäle.

Warum das so ist, erschließt sich dem Zuschauer nie wirklich, aber es wird wohl an der dritten Dimension liegen. Zuhause würden die meisten Menschen Kassengestelle aus Plastik und Pappe wohl in den Hausmüll werfen, und nicht auch noch Aufschlag dafür bezahlen - deshalb also die große Leinwand. Meine Vermutung - nichts Handfestes.
Ob mit oder ohne Brille ist dann eigentlich auch schon egal, das Bild ist sowieso matschig und platt. Hatten der Aja und seine Fischlein wohl Beratung von ein paar zerstrittenen Titanen.

Das Schöne an unserer Zeit ist ja die Tatsache, dass man jeden Mist verkaufen kann, wenn man sich nur die richtige Marketingmasche dazu ausdenkt: Der eine lässt Armani-Logos auf Pennerklamotten nähen, und verkauft sie dann als "old-style", wieder andere preisen schrumpeliges Gammelgemüse als Öko-Food, und der Aja, der denkt halt, dass man unter der Etikettierung "Trash" und "guilty-pleasure" auch Müll an den Mann bringen kann.

Man muss nicht so kleinlich sein, und sich daran stoßen, dass "Trash" seit seinen Anfangstagen auch immer einhergeht mit einer gewissen Sympathie und Liebe gegenüber dem Endprodukt; sowohl von Seiten der Macher aber auch vom Publikums: "Schon irgendwie schlecht, aber trotzdem nett." "Tremors" und "Deep Blue Sea" sind zwei passende Beispiele dafür.
Der französische Regisseur hat leider eine gänzlich andere Auffassung davon: Er benutzt die Klassifizierung als "Trash" maximal für Marketingzwecke und um schlampige Fehler zu kaschieren. Den "Trash" den ich kennen- und auch irgendwie schätzen gelernt habe, ist vielleicht handwerklich nicht auf der Höhe der Zeit, aber er hat Empathie gegenüber seinen Figuren - auch wenn es pathetisch klingt: Die trashigen Sachen, die ich kenne, haben Herz und Seele. "Piranha" hat nichts von alledem - Ajas Figuren sind blöd und platt, unsympathisch und charakterlos - lauter Defizite, die der Franzose mit dem Deckmäntelchen der Satire oder, eben mit dem des "Trash" erklärt. Ahja, Herr Aja.

Da hilft es auch nicht, dass sich "Piranha" tollwütig durch das eigene Genre zitiert und ständig mit der "Jaws"-Perspektive nervt: Der Eindruck, der Film sei als reine bewusst-provokante r-rated Cashcow angelegt worden, die für die eigene Herkunft nur Verachtung übrig hat, ist allgegenwärtig.

All dies wäre ärgerlich, aber für einen gestählten Tierhorror-Fan noch zu ertragen, wären die dreidimensionalen Fischstäbchen nur nicht so schrecklich langweilig.
Aber wie ein zartes und doch heimtückisches Lüftchen schwebt die Tolldreistigkeit und das fehlende Regieverständnis von Eli Roth (der passenderweise auch irgendwann mal durchs Bild wackelt) über dem verseuchten Teich: "Piranha" ist "Hostel" mit Fischen - die ersten 60 Minuten peinlich und pubertär, danach blutig und blöd.

Nichts ist schlimmer, als sich bei einem Film, der so als Insider-Popcornevent angepriesen wird wie dieser, zu langweilen und auf die Uhr zu sehen. Bei genau dieser Übersprunghandlung erwischt man sich aber in schöner Regelmäßigkeit, denn die erste Stunde passiert - abgesehen vom Abfilmen praepubertärer Bettfantasien - nichts-nada-niente. Oh doch: Ein lesbisches Nakedeien-Wasserbalett und anschließendes in-die-Linse-kotzen. Höhö. Und alles auch noch in 3D. Doppel-Höhö.

Ist die Anlaufphase beendet, ist leider auch der Film schon fast vorbei, aber immerhin gibt es dann ein bisschen Action. Wobei auch Action ein relativer Begriff zu sein scheint, denn eigentlich gibt es halt nur trübes Wasser, rotes Wasser und ab und an mal Mädels mit Bikini, dafür aber ohne Arme.
In diesen zehn Amokminuten verliert der Film dann auch jegliches Augenzwinkern, welches er angeblich vorher bessesen hat (aber sehr gut zu verstecken wusste), und wird zu einer empathielosen aber blutgetränkten Bettfantasie eines Perversen, die genüßlich das Leid seiner halbnackten Protagonisten auskostet. Zumindest sieht man jenes so auf dem Bildschirm vorbeiflimmern; Mitgefühl entwickelt sich trotz diverser Ekelsequenzen nie - wir erinnern uns an die großartige Idee, die Opfer als Arschlöcher zu inszenieren...

Und dann ist es aus. Mittendrin und einfach so. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass "Piranha" ein Erwachsenenfilm ist, letztendlich aber eine Zielgruppe um die 14 anpeilt, und das man jenes Geld, welches nun in die Ertragsbilanz von 3D-Filmen geflossen ist, auch in die letzte "Girls Gone Wild"-DVD hätte stecken können. Für die braucht man dann auch keine Plastikbrille, die künstlichen Körperupdates bleiben alle an Ort und Stelle, und Haut und Knochen sind die holden Weiblichkeiten auch ohne Killerfische. Irgendwie ehrlicher...

"Piranha" wird aber trotzdem´ne Fortsetzung kriegen. Hat er schon gesagt, der Aja. Juhu! Hat er aber bei seinen Hügel-Film auch erzählt, und ist dann doch nichts daraus geworden. Doppel-Juhu!

2.5 / 10 

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