22. Juni 2011

Kurzkritik: Lord of the Rings: The Fellowship of the Ring

"It is a strange fate that we should suffer so much fear and doubt over so small a thing." -

Trotz des Nimbus des Unverfilmbaren, und den damit einhergehenden Unkenrufen im Vorfeld: Peter Jacksons mit eigener Kraft verwirklichter Kindheitstraum ist nicht nur auf dem besten Weg, sich tatsächlich zum modernen Klassiker zu mausern, sondern nebenbei auch noch ein außerordentlich gelungener Beitrag zur seit jeher kontrovers geführten Debatte um berühmte Vorlagen und ihre dazugehörige Leinwand-Verarbeitung.

Beeindruckend dabei vor allem, dass und wie es dem ansonsten eher durch schmutzige Genrefilme bekannt gewordenem Regisseur gelingt, Tolkiens Mammutwerk in jeglicher Hinsicht zu entschlacken, dabei aber doch nie Gefahr zu laufen, die Komplexität dieses sonderbaren, aber höchst faszinierenden Kosmos auszuklammern. Sei es die ausufernde Figuren-Exposition, oder die detailverliebte Wiedergabe und Dokumentation hobbit‘scher Schrulligkeiten und deren Welt: Inmitten der Hektik vieler anderer Blockbuster, wirkt Jacksons LORD OF THE RINGS im Allgemeinen, und FELLOWSHIP im Besonderen, nicht selten wie ein aus der Zeit gefallener Exot, der zwar vordergründig als Action- und „Popcornkino“ zu funktionieren weiß, mit seiner Liebe zu Genauigkeit, Ruhe und ebenso breite, wie doch fokussierte Erzählung aber auch den Gegenentwurf zur Pseudo-Epik anderer Weggefährten und zahlreicher Epigonen darstellt.

Denn spätestens, wenn die Schicksalsgemeinschaft von Howard Shores Score untermalt, nach zähen Verhandlungen ins Ungewisse aufbricht, spürt man nicht nur deutlich Jacksons Hingabe an den Stoff, sondern auch seinen unbedingten Willen, eigene Lektüreempfindungen durch die Kraft der Inszenierung in ein anderes Format zu konvertieren, und dabei ebenso memorable wie auch –so abgedroschen es in diesem Kontext auch klingen mag- magische Szenen zu erschaffen. Und wem so etwas gelingt, dem sieht man –vor allem im Wissen, dass die Nachfolger hier Abhilfe schaffen werden- auch gerne einmal nach, dass FELLOWSHIP bedingt durch die schiere Masse an Protagonisten, bisweilen dazu veranlasst wird, manche Figuren nur unter Zuhilfenahme gängiger Charakterschablonen einzuführen. Kurzum: Starkes, wunderbares Kino, und der Auftakt zur größten Trilogie der letzten Dekade.

8 / 10

10 Kommentare:

  1. Zustimmung zum ersten Teil, aber ich befürchte Du bewertest die Teile 2+3 ebenso postitiv.

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  2. Um ehrlich zu sein, weiß ich das selbst noch nicht so genau. Mein Verhältnis zu den Filmen wandelt sich eigentlich mit jeder Sichtung, insofern wird sich in den nächsten Tagen zeigen, in welche Richtung es dieses Mal geht.

    Bislang habe ich TWO TOWERS aber tendenziell als schwächer, und zu sehr auf Monumental- und Schlachtenfilm getrimmt in Erinnerung, während mich der Abschluss -gerade wegen seinem Hang zum oft kritisierten Kitsch- seinerzeit durchaus begeistern konnte.

    Wenn ich es schaffe, gibt's aber bald eine ausfühlichere Stellungnahme zu den jeweiligen Filmen.

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  3. Meine Erwartungen nach Teil1 waren verdammt hoch,
    leider bietet der dann vor allem die schon erwähnte Bombastik.

    Ich finde ja schon bewunderswert, dass man sich die dauerweinenden und hinfallenden Hobbits zweimal antun kann:-)

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  4. Zweimal ist ja das absolute Minimum, schon alleine wegen der Extended-Version. Bei mir dürfte es jetzt aber das vierte Mal werden, wenn ich mich nicht verzählt habe :P

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  5. Die Trilogie habe ich jetzt auch schon einige Jahre nicht mehr gesehen. Die DVDs stauben vor sich hin im Regal (was natürlich irgendwie auch verdächtig ist). Also höchste Zeit für eine erste Nachprüfung, nachdem fast ein Jahrzehnt über die Filme hingegangen ist und Jackson danach ja auch eher wenig Umwerfendes zustande gebracht hat. (Und vorher? Halten seine Frühwerke auch heute noch stand?)

    Aber bei dir scheint die Wirkung jetzt unvermindert anzuhalten? In der Erinnerung war Teil 1 auch bei mir der stärkste. Dein Argument, Jackson habe sich unbedingt dem Stoff hingegeben, nicht nur eine routinierte Blockbusterverfilmung abgeliefert, sondern starke eigene Lektüreempfindungen zur Grundlage gemacht, scheint mir in der Tat das Beste an der Trilogie zu sein.

    Die Abgrenzung gegen die Epigonen ist in der Tat nötig, ähnlich wie bei Tarantino, dessen Nachfolge teilweise extrem dumm daherkommt.

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  6. Teil 1 ist fraglos der Stärkste, mich haben aber auch die Nachfolger gerade der kitschigen, des Öfteren mit einem Übermaß an Pathos gewässerten Szenen wie dem Kampf um Osgiliath oder natürlich dem Finale an den Grey Havens begeistert und tun das (mit leichten Abstrichen) bis heute. Jackson hat seinen Job so gut gemacht, dass es schwer fällt, so etwas wie kritische Distanz zu den Filmen zu wahren. Will ich auch nicht. Wenn andere Filmfans bis heute "Star Wars: A New Hope" abfeiern, dann darf ich auch mal Fanboy sein.

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  7. @Sieben Berge:
    Mir geht es ähnlich; alleine die Tatsache, drei Ü200-Minuten-Filme in einem relativ knappen Zeitraum hintereinander anzusehen zu "müssen", hat mich immer wieder von einer erneuten Sichtung der Trilogie abgehalten.

    Im Moment tendiere ich sogar dazu, dass zumindest Teil 1 in meiner Wertschätzung noch etwas gestiegen ist, eben weil mir erst jetzt wirklich auffiel, dass Jackson erstaunlich wenig die Erwartungshaltungen an ein solches Blockbuster-Event bedient, und letztlich einen in großen Teilen eher gemächlichen Film abgeliefert hat, dessen Wertschätzung beim "Mainstream"-Publikum ebenso verwundern, wie auch erfreuen darf.

    Dass ich die Filme heute insgesamt anders, und evtl. vielleicht sogar auch wirklich stärker schätze, als früher, liegt nicht zuletzt aber auch daran, dass sich mein Verhältnis und Verständnis hinsichtlich Leinwand-Adaptionen im Allgemeinen etwas verändert hat: Viele Auslassungen, Straffungen und Schwerpunktverschiebungen, die ich Jackson und seinen Kinofassungen vorgeworfen habe, wurden sowohl durch das Erscheinen der Extended-Cuts, aber auch durch meine Erkenntnis, dass solche Vorlagenveränderungen dringend nötig sind, um in einem visuellen Medium überhaupt funktionieren zu können, abgeschwächt bzw. vollständig ausgelöscht.

    @Dr. Borstel:
    Sehe ich ähnlich; komischerweise drängt sich auch mir immer wieder der Vergleich mit der ersten STAR WARS-Trilogie auf - wohl auch durch den Wunsch bedingt, dass auch unsere/heutige Generationen eine Leinwand-Saga, die das Gefühl vermittelt, Teil etwas Großen zu sein, ihr Eigen nennen möchte. Und bislang hat LOTR in dieser Hinsicht ja auch noch nicht allzuviel Konkurrenz bekommen...

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  8. Kleine Anmerkung die mich vielleicht bloßstellt; Joachim Höppner, welcher leider verstarb, spricht den Ganfalf so herausragend, das ich ihn mir auch gerne in deutsch ansehen. Shame on me. Bei ihm ist Synchron noch Kunst.

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  9. Ich finde die Synchronstimmen in diesem Fall sogar auch ganz brauchbar - die Synchronisation selbst habe ich trotzdem nie ganz durchgehalten, was wohl daran lag, dass ich das Buch auf englisch gelesen habe, und deshalb mit diesen gesamten Namensübersetzungen a la "Bruchtal" und "Beutlin" nie wirklich warm geworden bin. Gruselig :P

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  10. Die Stimmen wurden echt herausragend gut gecastet.
    Was dein Problem mit den Übersetzungen angeht kann ich das zwar verstehen, aber störe mich überhaupt nicht an den Überstzungen: Beutlin hat etwas heimisches und Bruchtal klingt pompös. Etrwas anderes aber: Wie man bei Harry Potter von Hermione auf Hermine gekommen ist wundert mich indes trotzdem noch.^^

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