1. Februar 2011

Kurzkritik: Videodrome

„I am the video word made flesh.“ -

1983 - einige Jahre bevor die langsam expandierende Videoindustrie zum Gesprächsstoff besorgter Diskussionsrunden avancierte - griff sich David Cronenberg bereits deren Hauptthemen und -thesen heraus, vermengte und erweiterte sie dabei geschickt mit den Ergebnissen seines bisherigen Schaffens. Das Resultat heißt VIDEODROME, und darf gerade in Retrospektive als der analoge Vorläufer zum Cyberspace-Kommentar "eXistenZ" begriffen werden.

Auf selbstreflexive Art und Weise arbeitet der sechste Langfilm des Kanadiers dabei die Mechanismen des eigenen Mediums "Film" heraus, nur um sie im weiteren Verlauf nach und nach zu hinterfragen und schlussendlich zu demontieren.

So fügt sich VIDEODROME letztlich auch konsequent in das Œuvre Cronenbergs ein, in dem er in seiner Medienmeditation weniger neue Fragestellungen aufwirft, als vielmehr an der Vertiefung vorangegangener interessiert ist.
Nachdem vor allem BROOD und RABID in der sich kontinuierlich und immer abstrakter weiterentwickelnden Medizintechnologie einen exogenen Auslöser für die nachfolgende Spaltung zwischen Fleisch und Psyche sahen, verlagert sich VIDEODROME nun auf die Überzeichnung der manipulativen und voyeuristischen Wesensart des Fernsehens:  TV-Konsum als legal und omnipräsent verfügbare Droge; ihr Konsum als Sucht- und Ausbruchsmöglichkeit gleichermaßen - ein halluzinogener Trip zwischen Ekstase und Gewalt, an dessen Ende Vernichtung und Neubeginn gleichermaßen nebeneinander stehen - die totale Verquickung von Technik und Mensch.

Augenscheinlich obsiegt demnach auch hier, ähnlich den Vorgänger- und Nachfolgerwerken, stets die subversive Anziehungskraft der Wissenschaft und Technik über die vermeintliche Kontrolliertheit des menschlichen Geistes - die Umdrehung dieser repressiven Machtpositionen, daran lässt Cronenberg keinen Zweifel, sind verklärender Trugschluss.

Damit bleibt VIDEODROME zwar durchweg pessimistische Zeitgeist- und Fortschrittskritik, die - erschütternder Weise - heute aber aktueller den je zu sein scheint.

8.5 / 10

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