19. Dezember 2010

Kurzkritik: Die Geister, die ich rief...


„Well, I'm sure Charles Dickens would have wanted to see her nipples.“ -

Im Zuge alljährlicher Pseudo-Besinnung zum Klassiker verklärt, präsentiert sich „Scrooged“ als ebenso schlecht gealtertes Rührstück, wie letztendlich auch arg konservative Adaption von Dickens „Christmas Carol“, die zwar in ihrer Gegenwartsoptik den Anschein von vorhandener Distanz zum Ursprungsstoff heuchelt, letztendlich aber nur jene altbekannte Moral kopiert, und gegen Ende genauso in dessen scheinheiliger Romantik gipfelt:

Richtig wohl fühlt sich Action-Regisseur Richard Donner mit dem humoristischen Neuland, welches er mit „Scrooged“ beschreitet, offensichtlich nicht, viel zu sehr ergeht sich seine Inszenierung in visuellen Nebensächlichkeiten und CGI-Gefälligkeiten, kann sich jedoch auf narrativer Ebene zu keiner Zeit wirklich von der Vorlage emanzipieren, oder einen neuen Ansatz offenbaren, der den Anspruch der zeitgemäßen Aufbereitung wirklich legitimieren würde: Wenn Murray die eigene Vergangenheit Revue passieren lässt, oder ihm in den darauffolgenden Sequenzen Menschlichkeit mit dem Vorschlaghammer eingeprügelt wird, versucht sich Donner dermaßen platt an der Manipulation seiner Zuschauer, dass es sich im Ergebnis mitunter ebenso redundant, wie auch ermüdend auswirkt.
Etwas, was sich auch über die eher wahllos implementierten Geistersequenzen sagen lässt, die vorallem durch ihre übersteuerten, und gerade deshalb maßlos unkomischen Slapstick-Elemente und ihrer Schlussverkaufsqualität in puncto Optik in Erinnerung bleiben.

So inhomogen sein Inszenierungstil an manchen Stellen sein mag, sein wirkliches Versagen zementiert Richard Donner vorallem in der Handhabung seines Hauptdarstellers: Bill Murray - omnipräsentes Zentrum des gesamten Films - darf sich ungeniert selbst produzieren und zelebrieren, missbraucht die rudimentäre Figurenzeichnung für hart an der Schmerzgrenze balancierende overacting-Attacken, und gefällt sich sichtlich in den zahnlosen Zynismen, die ihm das Script in den Mund legt.
Nicht die Figur die er verkörpert, sondern die Art wie Murray sie anlegt, missfällt - nur sechs Jahre später bewies seine Performance im ähnlich konzipierten „Groundhog Day“, dass weniger manchmal mehr ist.

Man läuft sicherlich Gefahr, selber als Scrooge zu gelten, wenn man „Scrooged“ als das bezeichnet, was er ist: Ein überbewerteter Weihnachtsfilm, der nicht so sehr durch seinen naiven Tenor, sondern durch seinen exaltiert ausgestellten Willen zur frechen Interpretation von eben diesen, die Toleranzfähigkeit seines Publikums auf eine harte Probe stellt.

4 / 10

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