14. Januar 2011

Kritik: Das Appartement

This is a respectable house - not a honky-tonk!“ -

Nach WITNESS OF THE PROSECUTION und SOME LIKE IT HOT der dritte Film aus Billy Wilders qualitativ stärkster Schaffensphase, der sich abermals raffiniert an der Verschmelzung mehrerer Genres versucht, und dem jenes Unterfangen auch dieses Mal bravourös gelingt: THE APARTMENT sucht niemals eine zu klare Verortung, er begegnet seinem Sujet mit der gebotenen ironischen Distanz, um es als ebenso intrigantes, wie doch funktionierendes Duckmäusersytsem vorzuführen, bringt all seinen Figuren aber doch auch den nötigen Respekt entgegen, um sie nicht einer zynischen Lächerlichkeit preis zu geben.

Die Nachwirkung von Wildes Werk ist gerade deshalb nicht zu unterschätzen, weil er sich satirische Mechanismen zu Nutze macht, durch den Verzicht auf deren plakative Überstilisierungen aber auch nie die Bodenhaftung zu seinen Charakteren zu verlieren droht. Nur so ist es möglich, dass THE APARTMENT nicht nur als freche Entlarvung einer gewissen Scheinheiligkeit, sondern letztendlich auch als konventionelle, aber stets charmante Komödie über die Irrungen und Wirrungen einer großen Liebe zu funktionieren vermag.

Hierbei schlägt Wilder bewusst andere Töne als im Vorgänger, der vor allem durch seine unverkrampfte Art und seine schon nahezu infantile Fröhlichkeit in Erinnerung bleibt, an, bekommt Jack Lemmon doch genügend Freiraum eingeräumt, um die tragikomische Entwicklung seines Charakters fühlbar zu machen, und in seiner Mischung aus Gebrochen- und Gerissenheit in Erinnerung zu bleiben.
Seine Figur ist dabei eine Art Identifikationsangebot an den Zuschauer, ein Protagonist, auf den man Sympathien vereinen kann, obwohl sie von Regisseur und Darsteller des öfteren selbst hinterfragt wird: Seine Situation ist ebenso wie seine Melancholie nicht fatalistischer Natur, sondern zu großen Teilen selbst verschuldet; seiner Rolle als vermittelndes Zahnrad ist ihm stets von Eigennutz.
Eine verklärte Unschuld gibt es vorliegend nicht, die Grenze zwischen Gut und Böse hält einer genauen Betrachtung nicht stand, keiner steht moralisch über dem anderen.
Es sind diese Strukturen, die die Verknüpfung zwischen der abstrakten Satire auf die Firmenwelt und der Beziehungsebene herstellen, und die in den Grenzen ihres Genres in jener Komplexität auch heute noch zu beeindrucken wissen.

Manche mögen in der kompromisslosen feel-good-Attitüde des Endes ein Zugeständnis an die Konventionen des klassischen Unterhaltungskinos sehen; letztendlich stellt es Billy Wilder aber jedem Rezipienten selbst frei, ob er es nicht auch einfach als verschmitzte Karikatur eben jener Erwartungshaltung wahrnehmen möchte.
Egal welche Wahl man letztendlich trifft: THE APARTMENT ist auch nach über fünfzig Jahren hervorragend geschriebenes, bittersüßes Schauspielkino - ein Film, den man immer wieder sehen kann, den man immer wieder sehen sollte.

8.5 / 10

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