28. Oktober 2010

Kritik: Robin Hood (2010)

"Rise and rise again, till lambs become lions" -

Ein Mann großer Worte war Ridley Scott schon immer, und in der Vergangenheit ließ er eben jenen sogar teilweise ganz brauchbare Produktionen folgen. Nichtso in den letzten Jahren: Nach seinem belanglosen "Scarface"-Klon "American Gangster" und dem Terror-Quatsch "Body of Lies" widmet sich die verklärte Regielegende abermals den mittelalterlichen Schlachtfeldern, mit denen er es schon in "Kingdom of Heaven" verstand, sein Publikum zu langweilen.

Und tatsächlich setzt auch "Robin Hood" da an, wo der persönlicher Kreuzzug des Regisseurs endete: Es ist nicht Scotts fehlendes Regieverständnis, dass allen seinen letzten Filmen das Genick bricht, es ist vielmehr die Abstinenz jeglichen Augenzwinkerns in den betroffenen Werken.

Der "Robin Hood"-Mythos war und ist nie vielmehr gewesen, als ein unterhaltsames und aus Fantasie gesponnenes Historical, ein mittelalterlicher Vigilanten-Comic, dessen Verfimungen zumeist die jeweiligen Unterhaltungsmechanismen der entsprechenden Dekade widerspiegeln.
Scott hat dies - anders als die, in diesem Kontext, viel besser erscheinende Costner-Produktion - nicht verstanden: Er inszeniert seine Interpretation als bierernstes und spaßbefreites Schlachtengetümmel, dass mit seinen salbungsvollen Gesten und dem politischen Pseudotiefgang zu jeder Zeit näher an Wichtigtuer-Werken wie "Braveheart", denn an der klassischen Hood-Figur ist.
Die Namen, der komplette Kosmos dient nur als marketingträchtiger Aufhänger, hat aber keinerlei narrative Verankerung: Dass wir hier Robin Hood und nicht William Wallace beiwohnen, lässt sich einzig daran erkennen, dass Crowe - offensichtlich von schlimmer Verstopfung geplagt - sein Grimmig-guck-Gesicht nicht zur Hälfte in schlumpfblau einfärbt - der große Überbau, sogar einzelne Sequenzen wirken wie aus der deleted-scenes-Truhe Gibsons entnommen und mit selbstverliebter "Gladiator"-Ästhetik zusammengeklebt.

Sicherlich: Es steht jedem Regisseur seine persönliche Adaption zu; aber es wird kritisch, wenn der Vorlagenkult nur als publikumswirksame Legitimation für den Ego-Amoklauf der jeweiligen Verantwortlichen herhalten muss - ähnliches durfte man schon bei Coppolas "Dracula" bewundern, der auch noch die Gerissenheit besaß, "Bram Stokers" davorzusetzen - immerhin auf solche anmaßenden Späßchen verzichtet Scott.
Bei anderen Späßchen, auf die er hätte ebenfalls verzichten sollen, zeigt er jedoch weniger Nachsicht gegenübser seinem Auditorium: Besonders im mittleren Teil des Films schleicht sich eine seltsame Slapstick-Parade ein, die so garnicht in den dunkel-ernst-inszenierten Gesamtkontext passen möchte.

Das ärgerliche an "Robin Hood" anno 2010 ist schlussendlich, dass er wie soviele andere Blockbuster in letzter Zeit mit akuter Langeweile zu kämpfen hat: Nach dem hyperaktiven und pyroaffinen Start kehrt eine ewige Behäbigkeit ein (die im Directors Cut, der nur länger aber nicht besser ist, noch mehr auffällt), die der Film bis zum Schluss nicht wieder ablegen kann und nahelegt: Scotts "Robin Hood" ist ein überbudgetiertes und sich selbst zu ernstnehmendes Trashfilmchen mit platten Abziebildchen-Charakteren, nervend vor sich hin wimmernden Score und einem unmotiviert aufspielenden Cast (gar schmerzhaft: Cate "Stoneface" Blanchett).

Die Kritikpunkte des letzten Absatzes liesen sich zu großen Teilen auch auf die 90er-Variation des Stoffes mit Kevin Costner übertragen - nur: Dieser war sich während der gesamten Laufzeit seines Comiccharakters bewusst und ist somit gegenüber der Scott/Crowe-Show unter dem Strich das ehrlichere Popcornkino. Demnach gilt: Wenn schon ein moderner Hood, dann die Verfilmung von Reynolds.

4.5 / 10

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