9. Januar 2011

Kritik: The Dark Knight


THE DARK KNIGHT bleibt auch nachdem die Jubelfanfaren um Heath Ledgers Performance verklungen sind, ein schwer in ein Bewertungsschema zu pressender Film, ist Christopher Nolans größter Verdienst doch auch sein größtes Manko: Es ist folgerichtig, dass der Mittelteil seiner Trilogie den durch Millers Comics inspirierten Pfad weiterschreitet, und nach dem Weltenbau im Vorgänger nun auch die narrative Ebene in der Realität verortet werden kann. Inwieweit man allerdings bereit ist, 9/11 als Ansatzpunkt einer Comicverfilmung zu akzeptieren, wird maßgeblich von der Toleranz des einzelnen Rezipienten abhängen.

Litt BATMAN BEGINS dabei bisweilen stark unter der Last, Ouvertüre und eigenständiges Werk sein zu müssen, ermöglicht seine Existenz Nolan für den Nachfolger nun zumindest eine gestraffte Dramaturgie, ist der Rahmen seiner Titelfigur doch in den Grundzügen bereits definiert, und bedarf nur noch der Ausgestaltung.
Beschäftigte sich der erste Film vorallem mit der Transformation von Bruce Wayne in Batman, konzentrierte sich dabei vorwiegend auf die inneren Stukturen seines Protagonisten, und verband dabei die Frage nach der Berechtigung  einer symbolträchtigen Rächerfigur wie Batman mit der moralischen Hinterfragung von Waynes persönlichem Schicksal und den daraus resultierenden Entschlüssen, politisiert THE DARK KNIGHT bewusst sein Szenario, greift die Fäden des Vorgängers zwar auf, spinnt sie nun aber deutlich am aktuellen Weltgeschehen entlang: Es ist der Versuch, Terror und Paranoia einzufangen, ihre Mechanismen zu sezieren, der Nolan hierbei antreibt; mit Batman und seinen beiden Antagonisten fügt er eine weitere Konstante in die Systemstuktur seiner Welt  ein,  die - alle auf ihre Weise - geschickt zu deren Erosion beitragen.

Es sind per se keine unbedingt klassischen Motive, die jede der Figuren auszeichnet, und doch nimmt man sie durch ihre Omnipräsenz in den letzten Jahren als solche wahr: Ist Unrecht im Kampf für das Recht moralisch zu legitimieren?
Im Bezug auf die Titelfigur geht der Film deshalb auch nicht wesentlich weiter als  BATMAN BEGINS, ihre Hinterfragung ist nicht Entwicklung, sondern Teil des anfänglichen Konzepts, die Parallelen die Nolan zwischen einer Quasi-Institution wie dem maskierten Flattermann, und realen Geheimdiensten zieht wird nirgendwo deutlicher als im vorgezogenen Schiffsfinale, in dem die obige Fragestellung packend, aber auch eindimensional zur Parabel über den Patriot-Act ausbuchstabiert wird.

Entgegen landläufiger Meinung geht - unter Auslösung der Darstellerebene - auch von Ledgers Joker wenig wirkliche Faszination aus; die ihm immanente Metaphorik, als ikonisierter Pate eines ebenso barbarischen, wie auch in seiner Motivation eher schwer zu umreißenden Terrors funktionieren zu müssen, engt seine Charakterzeichnung stark ein; die  bewusste Positionierung gegenüber Batman als einander ebenso bedingende, wie auch abstoßende Variable, trägt zwar zur größeren Akzeptanz bei, als es bei Ra's al Ghul der Fall war, geht in ihrer Tiefenwirkung aber auch nicht weiter als Burtons Beziehungskonzeption fast zwanzig Jahre vorher.

Die devote Faszination gegenüber einem kostümierten Bombenleger, die Film und Regisseur dabei des Öfteren fahrlässig an den Tag legen, vergisst aber nahezu vollständig das Potential der Dent-Figur abzuschöpfen, oder auch nur auszuleuchten; ist dieser doch in Verkennung der Strahlkraft seiner Symbolik stets nur Randfigur - erst von Bruce Wayne, später vom Joker. Dabei wäre die Metamorphose seines Körpers und Gerechtigkeitssinns, die subtilste Art gewesen die Auswirkungen eines nur sich selbst unterstehenden Vigilantismus aufzuzeigen, ebenso wie seine neurotische Zerissenheit sich als Spiegel Waynes geeigent hätte.

Schlußendlich gelingt es Nolan, seine Interpretation des Batman-Stoffes weiterzuentwickeln, einen inhaltlichen und visuellen Einklang herzustellen, und so wirkt THE DARK KNIGHT trotz seiner vermehrten Zugeständnisse an actionaffines Blockbusterpublikum reifer und homogener, als BATMAN BEGINS. Sein aufgeblasener politischer Subtext bleibt dabei aber ebenso wie die rationale Welt und Nolans technizistischer Inszenierungsstil Geschmackssache.
7 / 10

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