22. November 2010

Kurzkritik: Reservoir Dogs


Quentin Tarantinos hoffnungslos über Wert gehandeltes Spielfilmdebüt -

Angelegt als popkulturelles Zitatkino scheitert "Reservoir Dogs" mehr als einmal an den archetypischen Fehlern solcher Konzeptionen: Zusammengesetzt aus Paraphrase, Adaption und Plagiat eiert sich der verzweifelt auf Kult kalkulierte Erstling wie ein cineastischer Flickenteppich über seine gesamte Laufzeit, und lässt dabei sowohl Finesse als auch Homogenität weitestgehend vermissen.

Es sind viele kleine Szenen, die mal positiv, mal negativ im Gedächtnis verhaftet bleiben, aber viel zu oft überwiegt das Gefühl, dass "Reservoir Dogs" sich nur mit sich selbst beschäftigt, und Tarantino einen Großteil seines Publikums einfach außen vor lässt - narrative Belanglosigkeit par excellence, die nicht durch den Umstand aufgewertet wird, dass sie so offensiv vom Macher umworben wird.
Letztendlich kann auch der größtenteil ordentliche Cast nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich Drehbuch und Regie für vieles interessieren, aber ganz sicher nicht für empathiefähige Charaktere. Ein Malus, der nicht weiter schlimm wäre, würde die Gangsterbande wirklich als die überzeichneten Schlablonen durchgehen, die man aus den späteren Werken kennt, und als die sie vielleicht sogar angelegt waren - aber das zentrale WischiWaschi-Gehabe hinterlässt auch an dieser Stelle seine markanten Spuren, und führt zu Abzügen in der B-Note.

Als weiteres Problemkind offenbart sich das Zelebrieren von Gewaltexzessen, welches sich zwar zweifelsohne wie ein roter Faden durch das Œuvre des Videothekars zieht, hier aber größtenteil jedwedes Augenzwinkern und Überspitzen außer Acht lässt, und sich oftmals als unangenehm zynisch und menschenverachtend herausstellt.

Sicherlich gilt es den Mut zu honorieren, denn es höchstwahrscheinlich gekostet hat, von Corbucci bis Kubrick, von Madonna bis Blues Brothers, die gesamte Film- und Musikgeschichte einmal durch den Mixer zu drehen - aber: Selbst wenn man dieses als Alleinstellungsmerkmal durchgehen lässt, ein Qualitätsbeweis wird daraus noch lange nicht, und letzendlich offenbart es nur eines: "Reservoir Dogs" ist die Alpha-Version vom besseren "Pulp Fiction".

4.5 / 10

1 Kommentar:

  1. Ich sehe seit einigen Jahren sehr viele Filme, darunter Klassiker wie modernere Streifen, alles von Drama bis Blockbuster, ob Schwarzweiß, in Farbe oder gar 3D. Und von all den Filmen, die ich gesehen habe, ist Reservoir Dogs bis heute der einzige, bei dem mir eine Wertung von 10/10 gerechtfertigt scheint. Er erreicht einen Grad der Perfektion, den ich in keinem anderen Film finden konnte. Was zugegeben ein relativ subjektiver Eindruck ist - nichtsdestotrotz, eine Wertung von 4.5 erscheint mir eher wie der Ausdruck von Asympathie auf Seiten des Autors, als die gerechte Folgerung aus der Kritik.

    Technisch betrachtet gibt es an RD nicht viel auszusetzen. Regie, Kamera, Schnitt, Schauspiel bewegen sich durchgehend auf hohem Niveau. Und das Drehbuch ist m.M.n. die größte Stärke - authentisch wirkende, lebendige, starke Figuren, die trotz der scheinbaren Anonymität (Mr. White/Orange/Pink/... sowie die identischen Anzüge) wesentlich tiefer erscheinen, als Figuren der meisten anderen Filme. Erzählstruktur und insbesondere die Gruppendynamik, wahrscheinlich der zentrale Punkt des Films, sind nicht bloß angemessen sondern aus meiner Sicht überragend.
    Was "fehlt" ist eine (typische) Handlung, doch scheint mir das in diesem fahl weniger ein Makel als viel mehr eine Stärke zu sein.

    AntwortenLöschen