22. September 2009

Kritik: Watchmen


Es ist ja so, dass es jedem Konsumenten von popkulturellen Erzeugnissen - ganz gleich welcher Art sie auch sein mögen - klar sein muss, dass sich ein medienübergreifender Vergleich verbietet. Ein Roman funktioniert anders als ein Film - in diesem Punkt besteht, wenn man den "Hobbitfanatiker e.V." und das Diskussionsforum "Wonderwomans Unterwäsche" mal außen vorlässt, zumeist Einigkeit.
Trotzalledem empfinde ich im vorliegenden Fall eine Beurteilung des Filmes anhand seiner Vorlage für wichtig - und dies aus zwei Gründen:
Zum einen versieht eine Graphic Novel wie "Watchmen" den Regisseur mit einer Bringschuld gegenüber Werk und Zuschauer, die man so aus einem Roman nie konstruieren könnte - oder kürzer formuliert: Eine Comicverfilmung sollte schon zumindest optisch so aussehen wie das entsprechende Comic.

An dieser Front gibt es nichts zu meckern, Snyder hält sich nahezu stoisch an den Look (und leider auch an den dramaturgischen Aufbau, aber dazu später mehr) des Ausgangsmaterials und kann damit auch abseits von Fanboy-Scharen Zustimmungen und eine paar nette Sequenzen für sich verzeichnen.
Der andere - letztendlich viel essentiellere Grund - warum man Snyders Film tunlichst nur im Kontext des Comics sehen sollte, ist sein problematischer Subtext. Wo Moore zumindest versucht, diversen moralischen Fragestellungen innerhalb seines Comickorsetts genügend Platz einzuräumen (etwas, was auch hier bisweilen auf den Unterhaltungsfaktor drückt, denn auch die Graphic Novel hat stellenweise mit einer gefährlichen Menge an Ballast zu kämpfen), da scheitert "Mister 300" mit Pauken und Trompeten. Obwohl sein Film ungeheuer geschwätzig und verkopft daherkommt, schafft er es doch nie, der Tragweite der Vorlage gerecht zu werden und zieht stattdessen Schlussfolgerungen, wo es keine zu ziehen gibt, und versieht sein Filmende mit einem Subtext, den man nur allzuleicht als reaktionär und menschenverachtend klassifizieren könnte. Das liegt - und hierbei muss man Klartext sprechen - nicht am Zuschauer, sondern am Film selbst, der gut daran täte, wenn er sich als eigenständiges Kunstwerk sehen, und sich nicht in allen brenzligen Situationen hinter dem Comic wegducken würde.

Überhaupt ist Eigenständigkeit so ein Problem von Zack Snyder. Wie schon in "300" zelebriert er eine Adaption, aber nicht seine Interpretation des Stoffes: So hübsch seine Verfilmung aussieht, so lobenswert der Wille zum Einbringen möglichst aller Aspekte der Vorlage ist - letztendlich ist es ein Kampf gegen Windmühlen, dem er versucht durch das Panel-für-Panel genaue Abfilmen Einhalt zu gebieten. Eine unrühmliche Eigenleistung ist einzig und allein der Hang zu Widerlichkeiten, welche im Buch um ein Vielfaches harmloser von Statten gehen, und die ordentlich auf die Sympathiewerte drücken.
Somit fühlt man sich als Leser von Moores Werk zwar sofort heimisch in der Kulisse, auf der anderen Seite stellt sich schnell Langeweile ein.
Womit wir wieder den Bogen zum Anfang ziehen können: Auch ein Comic ist eben ein anderes Medium als ein Film, und Dinge, die dem ersteren Tiefe verliehen haben, enden auf der Leinwand sang- und klanglos als esotherisch-pseudophilosophisch getarnter Leerlauf mit diversen Haken im Storytelling.


7 / 10

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