16. August 2010

Kritik: Slumdog Millionär


Die Zeiten als Oscar-Gewinne für reine Qualität standen sind schon lange vorbei; noch dazu gewarnt von den allzu lobhudelnden Feuilleton-Reviews in all den vertrauenswürdigen deutschen Tageszeitungen, habe ich mich ja lange Zeit um "Slumdog Millionaire" herumgedrückt. Und was soll ich sagen - meine erste Intuition hat sich größtenteils bewahrheitet. "Slumdog Millionaire" kommt daher wie der wahrgewordene Traum von Lehrerehepaaren und ähnlichen Auswüchsen des vermeintlich weltoffenen Bildungsbürgertums.

"Slumdog Millionaire" verkauft sich über weite Strecken anbiedernd wie eine geführte Touri-Fahrt im kugelsicheren Kleinbus durch die Slums und Townships dieser Welt: Ein klein bisschen Arthouse-Look, ein klein wenig Exotik, ein klein wenig politische Bewusstseinsschärfung - und bevor es wirklich fies wird, ist man auch schon wieder weg. Ghetto-Leben in Indien ist nicht gerade der Bringer, aber doch auch der Ausgangspunkt für exotische Abenteuer im Huckleberry-Finn-Stil und die wahre Liebe. Das ist beruhigend für die westliche Seele. Irgendwie.

Aber nun zum Filme selbst: Die einzelnen Episoden zeigen wenigstens ein bisschen was von Land und Leuten, sind größtenteils aber recht verwackelt und anstrengend hektisch in Szene gesetzt und von der dramaturgischen Qualität sehr durchwachsen . Vorallem aber hantieren sie nur mit mehr oder weniger bekannten Klischees und zeigen nicht viel, was man nicht auch schon vorher im ADAC-Reisebericht gelesen oder gesehen hat - außer vielleicht, dass indische Quizmaster eine verblüffende Ähnlichkeit mit Commander Riker aus "Star Trek" aufweisen und einer gewissen Affinität zu Haarspray fröhnen. Die beiden ergänzenden Handlungsorte - die Quizshow und das Polizeirevier - wirken eher wie uninspiriertes Beiwerk, um das episodenlastige Stückwerk dazwischen zu legitimieren und haben mich doch eher genervt auf die Uhr sehen lassen, denn Emotionen zu wecken.

Als Fazit kann man wohl festhalten, dass man "Slumdog Millionaire" einmal ansehen kann, wenn man etwas Interesse an Indien als solches zeigt - sollte das nicht vorhanden sein, kann man auch genausogut von einer Sichtung absehen, denn filmisch ist das doch alles sehr sehr mittelmäßig.

5 / 10

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