Wes Cravens erster Besuch im Traumreich des klauenhändigen Kindermörders
war nicht nur der Startschuss für das bis dato ambitionierteste
Franchise der Genregeschichte, sondern auch ein Rückblick und so etwas
wie die Quintessenz des eigenen Schaffens zum damaligen Zeitpunkt.
Angefangen von den selbstgebauten Stolperfallen, die bereits in LAST
HOUSE ON THE LEFT das traute Heim zierten, bis hin zur berühmten
Badewannen-Sequenz, welche der Regisseur seinem DEADLY BLESSING
entlehnte, sowie die abermalige Zentrierung auf die Rolle der Jugend in
der Gesellschaft – NIGHTMARE ON ELM STREET ist nicht nur einer von
Cravens besten Filmen geworden, sondern auch ein Best-of. Gleichzeitig
ist der erste Freddy-Film aber auch ein Gegenentwurf zu jenen
zeitgenössischen Slashern geworden, die sich -bestimmt: oftmals auch
gedankenlos- dem reaktionären Diktat unterworfen hatten, und in ihren
jugendlichen Protagonisten nicht nur Opfer sondern auch Täter sahen, die
ihr Schicksal selbst herbeigeführt hatten: Nicht der Lebenswandel der
Elm Street-Teenager ruft die Chimäre Freddy Krueger auf den Plan,
sondern eben jene bürgerlich-bestialische Doppelmoral der
Elterngeneration, die einst schon in Cravens Debüt zur Eskalation
führte.
9 / 10
Klingenmann
in Serie: Die kritischen Untertöne des Originals hat Jack Sholder
zugunsten einer vergleichsweise konventionellen Slasher-Dramaturgie
glattgebügelt, statt von Schuld und Sühne erzählt der zweite
NIGHTMARE-Film von der eher befremdlich-sinnfälligen Flucht des
Traummonsters Krueger in die Realität. Auch die mit der Kontrolle und dem Abhängigkeitsverhältnis durch Krueger
einhergehende Problemstellungen, wie Schizophrenie und die ebenso
faszinierende, wie auch unkontrollierbare Triebsteuerung bleiben hierbei größtenteils bloße Behauptung. Der im Kontext der Reihe eher
mittelmäßige Film bleibt deshalb vor allem wegen seines omnipräsent-schwulen
Subtexts (der Regisseur Sholder zum Zeitpunkt des Drehs angeblich nicht
bewusst gewesen sein soll) und dem Finale, welches optisch und
inhaltlich den Grundstein für die surrealen und märchenhaften Momente
der kommenden Filme legt, in Erinnerung.
5 / 10
(USA 1987; Chuck Russell) |
Die zweite Fortsetzung lässt nicht nur NIGHTMARE-Erfinder Wes Craven als Autor und Heather
Langenkamp als Darstellerin zurückkehren, sondern läutet bereits zu Beginn einen
allumfassenden Wechsel im Tonfall der Reihe ein: Die Idee von jugendlichen
Traumkriegern, die Krueger in dessen Reich bekämpfen ist nicht nur konzeptionell
das notwendige Gegenstück zum unlogischen Vorgängerfilm, sondern auch
erster Bestandteil des franchise-prägenden
Mythos um die Freddy- Figur, die fortan weniger symbolträchtiger
Kindermörder
als vielmehr fantastischer Albtraum-Herrscher ist (und als solcher im
Finale schlussendlich auch durch Kreuz und Weihwasser bezwungen werden
darf). In DREAM WARRIORS nutzt Regie-Debütant diesen
Story-Aufhänger geschickt, um erstmals mit morbiden Traum-Settings und deutlich
gesteigerten Effekteinsatz zu beeindrucken, sowie den Elm Street-Teenagern mit
der nunmehr als Therapeutin arbeitenden Nancy einen Erwachsenen, der ihnen
glaubt, an die Seite zu stellen. Keine Rückbesinnung, vielmehr ein vielversprechender Neuanfang.
Nach dem klassischen Monstertod durch die Insignien christlichen Glaubens, durfte die (abermalige)Auferstehung des Bösen nicht lange auf sich warten lassen: „You shouldn't have buried me, I'm not dead“, witzelt der nimmermüde Krueger da. Mehr noch als sein Vorgänger inszeniert Renny Harlin die vierte Episode der Narbengesicht-Saga als launiges Happening, und lässt das Geisterbahn-Konzept des Öfteren auch seine filmische Entsprechung in wackelnden Aufzügen, drehenden Rohrsystemen und Bubblegum-Rockmusik finden. An inhaltlicher Weiterentwicklung zeigt sich der Finne hingegen wenig interessiert: Gestreng den coming-of-age-Regeln der Reihe muss deshalb auch Lisa Wilcox (als Alice) die Phase jugendlicher Selbstfindung hinter sich lassen, bevor sie gestärkt als Heldin einer neuen Generation von Elm Street-Kids in die finale Auseinandersetzung mit Krueger ziehen darf. Nicht unbedingt ein kluger, aber ein unterhaltsamer Spaß.
6 / 10
(USA 1988; Renny Harlin) |
6 / 10
Offensichtlich ermutigt vom kommerziellen Erfolg des Vorgängers bekommt
man hier einen der ambitioniertesten Beiträge innerhalb eines
Franchise-Gerüsts überhaupt geboten: Nur selten fügt sich THE DREAM CHILD
den Konventionen und Erwartungen an den Teenage-Slasher, stattdessen
inszeniert Stephen Hopkins die Geschichte von Kruegers Kinderwunsch als
genussvolle Verschmelzung klassischer Genre-Motive und -Strömungen in
Pulp-Optik. Angesichts ausladender Anleihen an den Gothic-Horror mit
seinen langen Fluren und mysteriösen Nonnen, sowie den ungezügelten
Surrealismus-Zitaten erscheinen die wenigen Morde selbst fast schon wie
bloßes Hand- und Beiwerk. Gerade deshalb: Nie hat das Label „Nightmare“
so gut gepasst wie bei diesen Schreckensvisionen, in denen Traum und
Realität mehr und mehr zu verschwimmen drohen. Auch hinsichtlich seiner
Figuren wendet sich die nunmehr vierte Fortsetzung von der Routine ab,
und kehrt zu Cravens Ursprüngen zurück: Anders als bisher dient Alice
aus dem vorangegangen Film nicht lediglich als funktionales Bindeglied
zu einer neuen Gruppe von Opfern, sondern darf als Hauptfigur die
phantastischen aber auch realen Schrecken einer Teenager-Schwangerschaft
erleben.
7 / 10
Vollständiges Review. 6 / 10
Nachdem der nahezu experimentell anmutende (und kommerziell
gescheiterte) THE DREAM CHILD vorwiegend an der optischen Er- und
Verarbeitung einzelner Traumwelten und Schreckensvisionen interessiert
schien, rückt FREDDY’S DEAD wieder vermehrt die inhaltlichen Aspekte in
den Vordergrund: Vereinzelt eingeflochtene Mystik-Anleihen dienen Rachel
Talalay lediglich als notwendiger Anknüpfungspunkt an die bisherige
Freddy-Sage, ansonsten interpretiert sie die Werdung vom geschundenen
Teenager über den Vater mit Doppelleben, bis hin zum Traumdämonen
einerseits, sowie die von der Suche nach eigener Identität gebeutelten
Tochter andererseits, vor allem als Familiendrama im Slasher-Gewand,
irgendwo zwischen Gartenzaun-Idylle und white trash. Bis die Schatten
der Vergangenheit am Schluss überwunden scheinen, und der Film mit fast
schon rührseliger Montage vergangener Kills und R.I.P. das
(vorübergehende) Ende dieser wunderbaren Reihe einleiten darf, gilt es
jedoch noch ein amokgelaufenes 3D-Gimmick nebst wahrhaft albtraumhafter
Effekte zu überstehen.
7 / 10
(USA 1994; Wes Craven) |
Alles auf Null: Wie mutig dieser Film geworden ist, merkt man möglicherweise tatsächlich erst in jenen Momenten, in denen Wes Craven persönlich auf der Leinwand erscheint und die zurückliegenden Jahre mit Freddy nicht nur zur Geschichte, sondern zur Fiktion erklärt, und den eigenen kommerziellen Durchbruch zur bloßen Drehbuch-Notiz degradiert. All die Zitate und der Schabernack für Kenner können und wollen hier nur leidlich verschleiern, dass sich der siebte NIGHTMARE-Teil von seinen Ursprüngen emanzipiert hat, und sein Aushängeschild Krueger nur noch als Motiv eines Märchens versteht. NEW NIGHTMARE wegen der Übertragung des ureigenen Traum-Realität-Diskurses auf Hollywood selbst, in die Reihe großer Filme über das Filmemachen einzureihen, würde vielleicht zu weit gehen - aber er ist mit Sicherheit ein ebenso verdienter wie unkonventioneller Abschluss für ein Horror-Franchise geworden, dessen Ambition bis heute noch seinesgleichen sucht, und Ausblick auf Cravens nächste Schaffensphase und somit -pathetisch gesprochen- auf die kommende Entwicklung des Genrekinos der 90er Jahre gewährt.
8 / 10
(USA/CDN/I 2003; Ronny Yu) |
zuerst erschienen bei: mehrfilm
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