12. November 2011

Shorties: The Stendhal Syndrome


Dario Argentos etwas breitgetretene Verfilmung einer traumatisch bedingten Identitätskrise bricht nicht nur bewusst mit den Erwartungen des ihn stets in zu kleine Schubladen steckendes Publikums aus Genrefans und -kritikern, sondern erweist sich tatsächlich auch als die einzig wirklich gelungene Frischzellenkur des eigenen Schaffens innerhalb eines bislang stets enttäuschenden Spätwerks.
Als munteres Gemisch aus Eigenzitat und Genre-Crossover getarnt, poltert sich THE STENDHAL SYNDROME dabei kreuz und quer durch (populär)wissenschaftliche Erkenntnisse zur titelgebenden Wahrnehmungsstörung, und den Bewältigungsstrategien von Vergewaltigungsopfern, nur um schlussendlich in einem ebenso kruden wie doch auch konsequenten Finale zu gipfeln, dass das Desinteresse des Italieners an stringent-konventionellen Plots einmal mehr überdeutlich aufzeigt.
Aber ein großer Geschichtenerzähler wollte und konnte Argento wahrscheinlich sowieso nie sein, und doch wird man lobend hervorheben müssen, dass - auch Dank dem konzentrierten Spiel von Töchterlein Asia - THE STENDHAL SYNDROME nicht nur als ebenso fantasievolle wie altbewährte Vermischung von Wahn und Wirklichkeit funktioniert (großartig: die Eingangssequenz), sondern vielleicht zum ersten Mal in seiner Karriere auch eine Hauptfigur beinhaltet, deren Schicksal man nicht nur in Erwartung eines spektakulär gefilmten Ablebens oder Hinblick auf die Auflösung beiwohnt, sondern ihm wirkliches Interesse entgegen bringen kann.
Es ist vielleicht nicht der Film geworden, den man nach einem pompösen Meisterwerk wie OPERA erwartet hätte, aber im Gesamten es ist dann eben doch ein - wenngleich auch zurückhaltender als frühere Arbeiten des Regisseurs inszenierter - echter Argento geworden, der inmitten der belämmerten (höhö) Thrillerlandschaft der 90er eine spannende Ausnahme bildet. Sehenswert.

7 / 10

3 Kommentare:

  1. Sämtliche mich umkreisenden Blogs haben es in letzter Zeit mit Bava, Argento und Fulci. Wärst du nicht ein so lieber Kerl, würde ich dir jetzt vorhalten, ein Kanonhengst zu sein. ;) Derartige Bezeichnungen überlasse ich aber Leuten, die für die Filme von Ernst Hofbauer eine Vorliebe haben. Und du planst doch nicht etwa selber eine Besprechung von "Schulmädchen-Report, 4. Teil"?

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  2. Nöö, nicht in Planung, keine Angst - das Feld überlasse ich anderen :P
    Selbst die Argento-Retro zieht sich jetzt ja bei mir schon über Monate hinweg, da seine Filme augenscheinlich nicht zu den Lieblingen europäischer Freigabebehörden zählen, muss man alleine für den Import seines Schaffenswerkes anscheinend ein halbes Jahr einräumen. Aber wenn INFERNO hier eingetrudelt ist, dann ist auch erst einmal wieder Schluss mit Dario :D

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  3. Derartige Bezeichnungen überlasse ich aber Leuten, die für die Filme von Ernst Hofbauer eine Vorliebe haben. Und du planst doch nicht etwa selber eine Besprechung von "Schulmädchen-Report, 4. Teil"?

    Er stichelt sogar an Stellen, an denen seine Sticheleien nicht einmal vernommen werden. Herrlich.

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